Liebesbrief an … Frank Hoffmann

Im gedruckten Clap-Magazin wird Thomas Koch von jetzt an zum Romantiker – In jeder Ausgabe schreibt er einen Liebesbrief. Den aus der aktuellen Ausgabe 49 an Frank Hoffmann stellen wir auf vielfachen Wunsch hiermit online:

Lieber Frank Hoffmann,

in große Fußstapfen seien Sie getreten, schrieb die Presse, als Sie vor einem Jahr Chef von RTL wurden. Na, ich weiß nicht. Anke Schäferkordt war zwar eine super Finanzerin, aber sie hat Ihnen den Gefallen getan, ein Quotendesaster zu hinterlassen. Hand aufs Herz: Besser kann man es doch nicht antreffen. Nun ist Programmmache heutzutage ein diffiziles Unterfangen. Die Zuschauer machen, was sie wollen und gucken einfach nicht mehr jeden Mist, den man ihnen vorsetzt. Was man billig an Serienware auf der MIF erstehen kann, wird dennoch von den Sendern so lange zweit- und drittverwertet, bis selbst die GfK gähnt – von den Werbekunden und ihren Mediaagenturen ganz abgesehen. Aber wenigstens um die müssen Sie sich nicht sorgen: Die kaufen sowieso alles, wo TV draufsteht, im Großhandel – egal, was drin ist.

Aber die großen Abendshows laufen halt nicht mehr. Das Lagerfeuer ist plötzlich ausgegangen. Den Dieter Bohlen schießen Sie demnächst ab, oder? Dieses DSDS-Geplänkel und ähnlichen Schrott wie Supertalent in der x-ten Staffel schauen Sie doch selber nicht. Ja, das dürfen Sie ruhig zugeben. Wir sind hier unter uns. Ein Mindestmaß an Programmattraktivität dürfen wir schon von Ihnen erwarten. Diese nervige Inflation an „Scripted Shitality“ füllt zwar den Programmtag, wird aber langsam peinlich. Und aus dem Knastarzt-Debakel werden auch Sie Ihre Lehren gezogen haben. Hätte ich Ihnen vorher sagen können, dass Quark durch Treten nicht stärker wird. Nein, jetzt muss endlich etwas Neues her. Etwas Sensationelles, nie Dagewesenes. Eine Sendung, die uns richtig aufhorchen lässt. Kaum denkt man, den angeblich so kreativen Fernsehleuten fällt aber auch gar nichts mehr ein, kommen Sie um die Ecke und schenken uns neue Folgen von „Team Wallraff“. Diesmal aber mit Wumms und Tagessieg. Erst Zalando, dann Burger King. Richtig so: Geht den Werbekunden mal so richtig an die Kehle.

Moment. Den Werbekunden? Ja, gerade deshalb ist das Konzept der neuen Folgen so genial: Jetzt schießen Sie auch Ihren größten Werbekunden gezielt ins Knie. Wer ist als Nächster dran? Heimlich hoffe ich ja auf Air Berlin. Oder vielleicht Nestlé – oder doch L’Oréal? Wer hätte das gedacht? RTL macht auf mutig, auf seriös investigativ, und scheut nicht einmal davor zurück, die eigenen Kunden zu vergraulen. Das nenne ich Rückgrat, Herr Hoffmann. Sie sind mein neuer Fernsehheld.

Liebe Grüße Ihr Thomas Koch

(Thomas Koch) Foto: Alexander von Spreti