Porträt von Ex-Sky Sport News-Chef Dirk Grosse

Der Sender Sky Sport News ist seit Dezember im Free-TV, wir haben den Senderchef Dirk Grosse im Porträt. Einen Auszug aus der Clap-Titelgeschichte lesen sie hier. Wer sich um ein Clap-Abo bewerben möchte, schreibt an clap@clap-club.de.

The Sky is the Limit!

Seit 1. Dezember ist „Sky Sport News HD“ für vorerst unbestimmte Zeit unverschlüsselt auf Quotenfang. Für Senderchef Dirk Grosse ein zwangsläufiger Schritt – anders als sein Aufstieg beim Pay-TV-Anbieter. Er habe keinen Karriereplan, bekennt der Schwabe im Gespräch mit „Clap“ und stellt eine berückende innere Unabhängigkeit zur Schau: „Ich bin da, wo ich bin.“

Sportnachrichten, vornehmlich Fußball, 24/7? Braucht kein Mensch! Als „Sky“ im Dezember 2011 mit „Sky
Sport News HD“ auf Sendung ging, lebten etliche Beobachter alles andere als eine Willkommenskultur. Fünf Jahre und ein paar coole Rekordquoten später ist das Angebot bestens ins Bouquet des Bezahlkanals integriert. Mitverantwortlich dafür ist Senderchef Dirk Grosse, der seit fast 15 Monaten amtiert und davor vier Jahre lang die Sportkommunikation von „Sky Deutschland“ leitete. Jetzt will er „Sky Sport News HD“ in eine neue Liga führen. Unter Grosses Regie war das On-air-Design an die Pendants in Großbritannien und Italien angeglichen, der Auftritt insgesamt prägnanter geworden. Auch verlieh Grosse dem Talk – erklärtes Lieblingsformat des gelernten Journalisten – mehr Gewicht. Das Kalkül ging auf. Zum fünften Jubiläum wandelt „Sky“ seinen Rolling-News-Star nun in einen Free-TV-Sender um. Der Trigger für ein möglichst breites Publikum: das Live-Spiel zwischen dem FSV Mainz 05 und dem FC Bayern München am 2. Dezember. Und das soll erst der Anfang sein. Schon jetzt hat „Sky Sport News HD“ auch Handball oder Tennis im Programm, Magazine und Dokumentationen ebenso. Und Eigenformate wie „08000-Du bist dr@uf“, das an jedem Spieltag gesendet wird. Diese sollen künftig „mehr Platz finden“, verrät Grosse im „Clap“-Gespräch: „In welcher Form und Ausgestaltung, zu welcher Zeit, an welchen Tagen – das wird der Prozess zeigen.“ Der Sender wolle seine neuen Zuschauer im Free-TV erst einmal kennenlernen: „Wir werden ein gutes Jahr brauchen, um vollständig und verlässlich zu wissen, wie das neu gewonnene Publikum funktioniert“, bleibt Grosse realistisch.

Tägliche Dosis Sportnachrichten

Quotenerwartungen nennt er nicht. Dennoch formuliert der Senderchef ein klares Ziel: „Sky Sport News HD“ soll für die Massen im TV-Freigehege „so schnell wie möglich zur täglichen Dosis Sportnachrichten werden – damit wäre ich völlig fein“, sagt der 48-Jährige. Mit dem ziemlich knorrigen Jörg Wontorra hat er vorsorglich einen Kämpen aus alten Tagen zu „Sky“ gelotst. Im Terzett mit Trainerlegende Udo Lattek („ein väterlicher Freund“) hatten Grosse und Wontorra den „Sport1“-Stammtisch „Doppelpass“ einst auf fabelhafte Art groß gemacht. Wontorra, Anfang des Jahrtausends schon einmal Moderator bei „Sky“-Vorläufer „Premiere World“, bekommt ab August 2017 ein eigenes Format auf „Sky Sport News HD“. Das deutet an, wie Grosse dem Sender mehr Resonanz verleihen will: bekannte Namen, unterschiedliche Klangfarben. Deshalb wird wohl auch Frank Buschmann, weiterer Neuzugang bei „Sky“ und Kult-Reporter mit Entertainment-Qualitäten, verstärkt beim Sportnachrichtensender zum Einsatz kommen. „Aber das Rolling-News-Konzept bleibt unsere DNA“, betont Grosse. Wenn er über seinen Sender spricht, die Chancen und die Pläne, wirkt der gebürtige Schwabe und Wahl-Münchner so unglaublich souverän und klar, dass man ihn kaum unterbrechen oder ihm gar widersprechen mag. Grosse, nach eigenem Bekunden von Kindesbeinen an ein „Fußball-Addict“, muss schon als aktiver Spieler auf dem Platz Dominanz ausgestrahlt haben. So einer, der früh in der Partie dem Gegner den Schneid abkauft, beim Pressschlag voll durchzieht und auch ohne Kapitänsbinde der Anführer ist. So lässig er auch rüberkommen mag: Bei dem, was Grosse tut, kann er nur 110 Prozent.

Fußball läuft immer

Und einer, der im Kopf schnell verdrahtet ist, das Wichtige vom Unnötigen trennen und dann blitzsauber entscheiden kann. Voran steht immer das übergeordnete Ziel, und das heißt siegen. Und muss er entscheiden, geht Grosse unsentimental vor. Fußball läuft gut, Fußball läuft immer, das ganze Jahr über. Also Fußball vor und nicht Beach-Volleyball. Dafür müsse sich niemand erklären oder entschuldigen, sagt Grosse. „Man muss auch nicht ständig daran herummeckern. In den weniger populären Sportarten werden die Sieger an dem Tag gefeiert, an dem sie gewinnen – und danach erinnert sich kaum einer mehr an sie.“ Was gerade im Pay-TV-Geschäft zählt, ist allein das Interesse der Zuschauer. Wie fast alle Medienschaffenden ist zwar auch Grosse nicht frei von Eitelkeit, jedoch klug genug, den seinen Sender nach außen hin prägenden Protagonisten die Bühne zu überlassen. Sein eigenes Ego stellt er so gut es geht zurück. Einen Twitter-Account hat Grosse, „mit ein paar Followern“, wie er bescheiden formuliert. Twittern findet er tatsächlich richtig gut. Aber auf ein Facebook-Profil beispielsweise verzichtet der Mann. „Ich bin mit Eigen-PR reduziert, das mögen Sie richtig beobachtet haben. Aber es geht ja auch um den Sender, nicht um mich.“ Wenn „Sky Sport News HD“ gut performe, partizipierten er und seine Kollegen – „aber ich partizipiere ja nicht durch meine Hybris, dadurch wird der Sender nicht besser“. Sondern mit gutem Content. Auch bei dem optisch sehr amerikanisch geprägten, von Grafik dominierten Design achtet Grosse leidenschaftlich darauf, dass der Sportnachrichtensender relevant bleibt. „Mein Credo ist: Inhalt schlägt immer die Grafik!“ Aber so, wie sich Print an die Erwartungen der Leser anpasse, so müsse auch ein TV-Sender mit der Zeit gehen. Grosse ist eben Journalist mit Herz und Hirn. Dabei wollte er als Junge ganz was anderes werden: Pilot oder Hotelmanager. „Mein Vater ist viel in der Welt herumgereist, und ich habe ihn oft begleitet. Deshalb waren mir Hotels und Flieger vertrauter als die Medienbranche.“ Spannend habe er das damals gefunden, so herumzujetten, anderen Ländern und Kulturen zu begegnen, nicht dauerhaft an einem Ort zu sein. Doch im Verlauf hat sich sein Berufswunsch zerschlagen. Nach dem Abitur folgten Wehrdienst und Studium. Die Möglichkeiten waren zu jener Zeit überschaubar, ein paar klassische Studiengänge, sehr viel mehr gab es nicht. „Na ja, und wenn man keine außergewöhnliche Begabung hatte, im künstlerischen oder im handwerklichen Bereich, dann hat man Jura studiert oder BWL – im besonderen Fall vielleicht noch Architektur“, blickt Grosse zurück. Er selbst entschied sich für BWL in Nürnberg. Journalismus sei bei ihm mit 18 jedenfalls nicht im Fokus gestanden, die Faszination für Medien habe er über Freunde erst im Laufe des Studiums entdeckt. Ende der 1980er, Anfang der 1990er begann die Ära des Privatradios. Noch während seines BWL-Studiums heuerte Grosse deshalb als Freier bei „Radio Gong“ in Nürnberg an, fand über allgemeine Themen schnell zum Sport, was dem jungen Mann die Chance eröffnete, sein Hobby zum Beruf zu machen. „Meine Interessen waren breit gefächert: Fußball, Tennis und Ski, aber auch Football und Boxen. Der Sport war schon immer meine große Leidenschaft!“ Da schien es nur folgerichtig, dass Grosse bald darauf für den „kicker“ schrieb. Nach dem Studium kam er 1993 zu einem Praktikum bei „Premiere“ in Hamburg – ein junger Sender, der das Bezahlfernsehen mit Beharrlichkeit und Millionen-Budgets Jahrzehnte später in Deutschland etablieren sollte. Grosse war quasi von Anfang an dabei. „Ich habe damals zu ,Premiere‘-Sportchef Michael Pfad gesagt, ich möchte gern Volontär werden“, erinnert er sich. Klappte aber nicht, „Premiere“, auf Kosten und Effizienz bedacht, hatte so etwas nicht im Programm. Also bewarb sich Grosse bei der „Augsburger Allgemeinen“ und bei „RTL“.

Text: Bijan Peymani

Fotos: Alexander von Spreti

 

Clap war auch beim Free-TV-Launch des Nachrichtensenders dabei und hat ein paar Fotos von der Kick-Off-Veranstaltung mitgebracht:

Rudi Völler stellte sich den Fragen von Moderator und Kommunikator Ralph Fürther.

 

Überraschender Besuch der beiden ehemaligen Sendergesichter Kate Abdo und Anna Kraft.

Thomas Deissenberger und Marcello Maggioni noch etwas angespannt vor dem Start.

Sky-Chef Carsten Schmidt schaut, ob das Bild auch schön scharf ist.