Ein bisschen „Heute-Show“: So sieht die neue „Bild Politik“ aus

Clap liegt derzeit gar nicht im Liefergebiet, aber dennoch konnten wir uns die erste Ausgabe der neuen „Bild Politik“, die vor allem in Hamburg getestet wird, unter den Nagel reißen. Warum die Nummer noch nicht im ganzen Bundesgebiet ausliegt, wird gleich ersichtlich. Mit nur 52 Seiten wirkt der Newcomer von Axel Springer nicht gerade wie ein Schwergewicht am Kiosk. Und ist an manchen Stellen auch noch ausbaufähig. Aber der Reihe nach. Sofort fällt auf: so bunt war Politik in einer Zeitschrift noch nie. Mit freundlichen und leuchtenden Farben sind im Inhaltsverzeichnis die drei emotionalen Top-Rubriken Ärger“, „Neugier“ und „Freude“ eingekleidet. Dem anvisierten jungen Publikum soll das gefallen.

Die beiden Entwickler, Selma Stern und Nikolaus Blome, wollen unbequem sein. Es soll gleich klar werden, dass dies hier kein Mainstream-Blättchen ist. Das ist es auch nicht. Beide wollen, laut Editorial, den Finger in die Wunde legen. Treibende inhaltliche Kraft – und das ist wenig überraschend – scheint Politik-Fachmann Blome zu sein. Er hat zwei große Geschichten im vorderen Drittel selber geschrieben („Warum schieben wir nicht die richtigen ab?“ und „Ist die Bundeswehr der Kanzlerin egal?“ ) , auch der Leitartikel könnte von ihm sein, aber sein Name steht nicht darunter.

Die Hauptstädter zielen insgesamt gesehen eher auf den Normalo-Politik-Choleriker, für den vielleicht „Tichys Einblick“ ein wenig zu radikal rüberkommt. In Überschriften zornige Fragen zu stellen geht ok, das gibt es in der Zeitschriftenlandschaft noch nicht. Schade ist, dass sich der Titel fast etwas zu stark dem Wutbürger-Konzept unterzuordnen scheint.

Denkt man aber an einen Namen wie „Bild Politik“, kommen dem erfahrenen „Bild“-Leser auch Hefte wie „Computer Bild“, „Auto Bild“ oder „Sport Bild“ in den Sinn. In diese Reihe will sich die Politik-Ausgabe scheinbar ganz bewusst nicht einordnen. Und deshalb vermisst der nicht ganz so hitzköpfige Politik-Beobachter eben ein paar schmissige Themen, die das Politik-Geschehen vielleicht von einer ganz anderen Seite aufrollen. Sowas wie: „Mit diesem Porsche fährt Christian Lindner in die FDP-Geschäftsstelle.“ Oder: „Welche Handfeuerwaffen Ursula von der Leyen schon mal selbst getestet hat“. Und warum nicht: „In diesem Ibiza-Club hat Gunnar Scheuer tatsächlich schon mal aufgelegt.“ Man müsste daraus nur noch Fragen formulieren.

 

Am meisten Spaß macht das Heft also nicht etwa bei der (zu erwartenden) Abschiebegeschichte, sondern erstaunlicher Weise beim Thema Handynetz: „Warum haben wir mehr Funklöcher als Albanien?“, fragt ein nicht genannter Autor. Die Knallhart-Antwort steht mit einem ungünstigen Foto von Peter Altmaier gleich darunter: „Kein Ehrgeiz, schlecht verhandelt, Thema unterschätzt.“ In diesem „Heute-Show“-Stil sollte die Redaktion weitermachen, am besten aber noch mit mehr Seiten. Dann erreichen die Berliner womöglich sogar den speziellen Wutbürger in Ostdeutschland. Der ja, aus welchen Gründen auch immer, zum Test gar nicht beliefert wird. (dh)

Die beiden Macher der „Bild Politik“: Nikolaus Blome und Selma Stern ziemlich gut gelaunt in Hamburg.

Fotos: Axel Springer