Wahrheiten, die man in Lehrbüchern nur selten findet: Tapfer kämpft sich Marie Morgen auf ihren Social Media-Kanälen durch die gängigen Klischees beim Thema Female Empowerment. Sie ist damit nicht unerfolgreich und kann sich auf eine starke Community verlassen. Ihren auf Ironie und Humor basierenden Meinungsgefechten („Männer werden immer femininer und Frauen immer maskuliner“) ist dennoch gerade ihr Tik Tok-Kanal zum Opfer gefallen. Macht aber nichts, denn heute ist ihr erstes Buch „Männer muss man loben, Frauen muss man lieben“ in den Vorverkauf gegangen. Darüber und warum es sich lohnt gegen den Mainstream zu veröffentlichen, sprach Clap mit der Münchnerin in einem Interview.
Frau Morgen, heftiger Gegenwind scheint Ihnen nicht besonders viel auszumachen. Gibt es eine provokante These von Ihnen, mit der Sie in den sozialen Medien besonders starke Reaktionen hervorgerufen haben?
Morgen: Kommt es Ihnen tatsächlich so vor, dass ich sehr provoziere? Und ich stimme Ihnen zu: Mainstream war noch nie mein Ding. Ich prüfe jedoch nicht, welche meiner Aussagen besonders intensive einzelne Reaktionen erhalten. Das geht ja zeitlich gar nicht. Grundsätzlich denke ich, dass meine Message über Mann und Frau für viel Gesprächsstoff und Wirbel sorgt, weil sie dem aktuellen Zeitgeist widerspricht. Abgesehen davon scheint uns der Humor in Deutschland verloren gegangen zu sein. Ich suche ihn täglich vergeblich. Zudem finde ich, dass wir uns alle wieder mehr entspannen dürfen. Dann können wir – mit ein bisschen Selbstironie und Humor – den von der Natur gegebenen Unterschied zwischen Mann und Frau wieder betonen und vielleicht sogar genießen.
Ist Ihr kommendes Buch eigentlich genauso stark polarisierend, wie Ihr Auftritt in den sozialen Medien? Oder ist dieses etwas anders positioniert? Was wollen Sie denn konkret mit der kommenden Veröffentlichung erreichen?
Morgen: Nun, wer heutzutage sagt, dass es mehr als nur den kleinen Unterschied zwischen Mann und Frau gibt, erfährt zwangsläufig Gegenwind. Warum ist das so? Finden Sie etwa, dass Männer und Frauen gleich sind? Ich finde das nicht. Mein Buch zeigt auf humoristische Art und Weise, dass Männer und Frauen eben unterschiedlich sind. Mit der Veröffentlichung möchte ich erreichen, dass wir die naturgegebene Verschiedenheit zwischen Mann und Frau als Bereicherung statt als Bedrohung wahrnehmen. Ich bin dafür, dass wir wieder echte Männlichkeit und echte Weiblichkeit leben. Der Unterschied macht unser Miteinander doch erst interessant. Warum sind typisch männliche und weibliche Eigenschaften mittlerweile zu Aufregern geworden, die sogar eine Staatskrise auslösen könnten? Ferner zeige ich mit meinem Buch auf, wie wesentlich klare Werte im Leben sind. Sie geben Halt und Orientierung. Denn ich habe das Gefühl, dass wir eine „wertlose“ Gesellschaft geworden sind, die immer mehr ihre Werte verliert. Darum möchte ich mit meinem Buch auch dazu beitragen, dass wir uns wieder daran erinnern, was uns wirklich wichtig ist.
Gegen eine gängige Marktmeinung anzuschreiben ist nicht unbedingt einfach. Welche Motivation gibt es bei Ihnen für Ihre Positionierung gegen den Strom?
Morgen: Mein persönlicher Wertekanon. Ich erachte Werte wie Loyalität, Respekt und Nächstenliebe als sehr wichtig. Allerdings geht es in unserer Gesellschaft aktuell anscheinend nur noch um Selbstliebe. Was viele allerdings dabei vergessen: Selbstliebe wird erst durch die Verbindung mit Nächstenliebe wertvoll. Diese fällt dem heutigen Menschen aber schwerer! Ich denke, hier liegt unser gesellschaftliches Problem. Ich finde es auch wichtig, dass wir jungen Menschen diese Werte wieder näherbringen. Gerne möchte ich hier den Neurologen Viktor Frankl zitieren: ‚Werte kann man nicht lehren, sondern nur vorleben.‘
Die Vertreter der Female Empowerment-Bewegung werden jedenfalls nicht durchgängig begeistert sein. Gibt es denn auch Zuspruch von Frauen? Was sagen diese konkret?
Morgen: Absolut. Viele Frauen fühlen sich durch meine klare Haltung empowert und finden großartig, was ich tue. Sie schätzen meinen Mut: Dass ich ausspreche, was sich viele nicht trauen, weil sie das Gefühl haben, sie müssten einem Kollektiv folgen. Wenn wir mal ehrlich sind: Wir Frauen geben doch schon lange den Ton an. Wenn wir uns beispielsweise an Loriot erinnern, wissen wir: Der Mann will doch nur sitzen und nicht reden, während die Frau die Herrin des Hauses ist. Aber Witze über Männer und Frauen sind aktuell wohl nicht mehr gesellschaftsfähig.
Stellenweise klingt es auf Ihren Social Media-Kanälen so, als würden Sie auch persönliche Lebenserfahrungen verarbeiten. Oder gibt es an einigen Stellen auch einen männlichen Ratgeber?
Morgen: Jeder von uns bringt Lebenserfahrung in das eigene Wirken ein. Und im Internet heißt es ja, ich sei der männliche Ratgeber 😉
Bei TikTok haben Sie sich vor kurzem abgemeldet. Was war der Grund für die Entscheidung? Zu viel Hate-Speech?
Morgen: Mein Format passt nicht zu TikTok. Meine Zielgruppe verkehrt auf YouTube und Instagram.
Fest steht jedenfalls, dass Sie nicht reich werden mit dem Buch, der Erlös wird gespendet. Warum haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?
Morgen: Nun ja, die wenigsten Menschen werden mit einem Buch wirklich reich. Und für mich macht es Sinn, mich mit meinem Wirken auch gemeinnützig einzusetzen – wie ich es nun beispielsweise mit meinen Erlösen des Buchverkaufs tue. Die Spuren einer getrennten Gesellschaft werden aktuell immer sichtbarer. Wie wir sehen, fehlen vielen jungen Menschen in unserer Gesellschaft prägende Vorbilder. Darum sind sich immer weniger ihrer Identität bewusst, was für eine authentische Gestaltung des eigenen Lebens sehr herausfordernd sein kann. Wenn dies durch einen Verlust, Überforderung, Krankheit oder Trennung im nahen Umfeld passiert, entsteht dort, wo eine Vaterrolle / Mutterrolle gefüllt sein soll, ein Vakuum. Der Verein „daring dolphins e.V.“ setzt sich genau für solche Kinder und Familien im Münchener Raum ein. Gemeinsam werden wir mit den Geldern aus meinem Buchverkauf ein kreatives Projekt für junge Männer umsetzen, das diesen die inneren Ressourcen gibt, um sich aktiv eine erfüllende Zukunft zu gestalten.
Interview: dh