Clap 81: Clubgespräch mit „Focus Money“-Chefredakteur Georg Meck

Das neue Clap-Magazin ist auf den Weg zu den Abonnenten. Unsere Sommerausgabe ist topaktuell: Titelheld ist Sport.1-Chefredakteur Pit Gottschalk. Gerade erst gestern wurde seitens des Senders vermeldet, dass er zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben als Chief Content Officer ab sofort auch den Bereich Programm übernimmt. Er gibt klare Statements zu den Problemen im Sportjournalismus insbesondere nach dem folgenreichen Interview-Abbruch von Toni Kroos nach dem Champions League-Finale.

Ein weiteres Thema ist die Startup-Krise. Mit „Focus Money“-Chefredakteur sprachen wir ausführlich über die Auswirkungen in der Medienbranche. Ein Teil des Gesprächs ist vorab hier zu lesen (alle bisherigen Clap-Ausgaben sind hier zu sehen).

Sie waren gerade im Amt, da machte die Nachricht der Übernahme des Finanzen Verlags durch die Börsenmedien AG die Runde. Hat das eine Rolle in ihren strategischen Überlegungen gespielt?

Nein, gar nicht. Ich bin ein Freund von Wettbewerb in Theorie und Praxis. Es gibt viele Medien, die über Wirtschaft und Finanzen berichten. Und unser Anspruch ist klar: Wir wollen Marktführer in dem Bereich sein, mit einer seriösen, kompetenten, sympathischen Marke.

Finanzberichterstattung muss ja gerade sehr herausfordernd sein. Welche Auswirkungen hat die sich womöglich gerade anbahnende zweite New Economy-Krise für Medienunternehmen?

Es ist sehr turbulent an den Märkten, aber der Vergleich mit der New Economy-Krise von damals gefällt mir nicht. Man muss sich heute, anders als früher, keine Sorgen machen, dass Alphabet, Amazon oder Apple verschwinden werden. Insofern ist der Einbruch der Tech-Aktien ein anderes Phänomen als vor zwanzig Jahren, es gibt viel mehr Unternehmen mit Substanz.

Dennoch – viele bekannte Startups, auch in Deutschland, stehen angeblich plötzlich unter gehörigem Druck. Der US-Venture Capitalist Sequoia Capital sieht einen „Moment der Wahrheit“ auf die Szene zukommen und warnte in einem Rundschreiben, dass Startups, die weiterhin das Geld ihrer Investoren verbrennen, in eine „Todesspirale“ geraten würden. Klingt dramatisch. Würden Sie das auch so sehen?

Die Zinswende ist schon eine Zeitenwende, es ist eine dramatische Änderung für die Weltmärkte: Das Geld hat wieder einen Preis. Und das hat Folgen. Ich habe zum Beispiel Christian Hecker vor nicht allzu lange Zeit besucht, den Gründer von Trade Republic, ein extrem erfolgreiches Startup, finanziert von Seqouia, das in Berlin einen neuen Campus hoch gezogen hat. Vor Monaten war da die Stimmung noch deutlich euphorischer als heute. Solche Wahnsinnwachstumsgeschichten stoßen erstmal an ihre Grenzen.

Das trifft offensichtlich auch auf die Streamingdienste zu, ein Bereich, in dem auch etliche deutsche Medienunternehmen investiert sind. Werden denn Joyn oder RTL+ genauso wo wie Netflix in den kommenden Quartalen wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage auch mit ihren Nutzerzahlen zu kämpfen haben?

ProSiebenSat.1 CEO Rainer Beaujean hatte ja genau das schon länger vorhergesagt. Das Budget des Publikums ist endlich. Man muss schauen, ob so ein Service über Werbung finanzierbar ist.

Was war die wichtigste Geschichte in ihrer bisherigen Amtszeit bei Focus Money?

Hinsichtlich des Gas-Embargos im Ukraine-Krieg hatten wir beispielsweise das erste große Interview mit dem BASF-Chef, das auch im Focus Magazin gefeatured wurde. Außerdem hatten wir eine Titelgeschichte, in der Redakteure darüber berichtet haben, inwiefern ihre Aktientipps funktioniert haben. Ein Kollege hat ganz offen beschrieben, wie er mit seiner Partnerin Probleme bekam, nachdem ein Aktieninvestment nicht geklappt hat. Er hat dennoch daran festgehalten, weil er an die Aktie glaubt. Solche Formate sind für mich eine mustergültige Art von Finanzberichterstattung, da sie die Glaubwürdigkeit erhöhen.

Das Thema Stärkung der Frauen im Finanzwesen scheint Ihnen am Herzen zu liegen. Sie haben dazu einen Award ins Leben gerufen. Woher rührt diese Ambition?

Mit dem Female Finance Award geht es uns darum, Frauen sichtbarer zu machen im Finanzwesen. Hier gibt es leider immer noch viel Nachholbedarf.

Was sind für Sie die wichtigsten Frauen im Finanzwesen?

In Europa allen voran natürlich EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die mit jedem Wort die Märkte bewegt. Auch in Deutschland fallen mir viele herausragende Frauen ein, manche davon sitzen in der Jury unseres Awards, und auf unserer Long List stehen mehr als 100 Top-Frauen aus dem Finanzwessen. Verglichen damit, war das Investmentbanking früher eine ziemliche Macho-Branche.

Interview: dh

Foto: Alexander von Spreti