Als die Times kürzlich aufdeckte, dass Werbung westlicher Unternehmen vor IS-Videos auf You Tube geschaltet wird, war der Aufschrei groß. Marken wie Toyota, Audi, GM, McDonald’s und Nestlé zogen ihre Werbegelder bei Google ab. Kaum geringer war zuvor die Aufregung um Markenwerbung auf Breitbart, die rechtsextreme Inhalte veröffentlichen, sich aber gern als friedliebende Trump-Unterstützer ausgeben.
Neu ist das Thema nicht. Im Herbst beklagte Pulitzer-Preisträger Thomas L. Friedman in der New York Times, dass Seifenwerbung auf You Tube inmitten von IS-Videos zu sehen sei: „Das ist das Werk von Algorithmen, die man einfach laufen lässt.“
Bevor wir nun leichtfertig IS- und Trump-Sympathisanten in einen Topf werfen, halten wir kurz inne und reflektieren. Man muss nämlich das große Ganze sehen. Die westlichen Marken stehen unter Druck. Die Bevölkerung in den entwickelten Ländern wächst schon lange nicht mehr. Es müssen dringend neue Märkte erschlossen werden.
Auch IS-Kämpfer brauchen Seife und Einwegrasierer. Sie fahren lieber Mercedes als Lada, fliegen lieber Airbus als Tupolew. Auch umnachtete Trump-Wähler fahren Toyota, trinken Coke und essen Big Macs. Logisch, dass die Mediaplaner bei der Eingrenzung der Zielgruppen für die programmatische Werbeauslieferung besonders bei männlichen, testosteron-gesteuerten Marken dieses mit Abstand größte Potential nicht vernachlässigen wollten.
Das war aber hoffentlich nur der zaghafte Beginn einer neuen Werbe-Offensive. Denn der neu entdeckte Markt ist gewaltig. Er umfasst zunächst einmal alle noch verbliebenen, türkischen Medien. Und dann die Taliban! Sollen die afghanischen Kämpfer von westlicher Markenwerbung abgeschnitten werden? Dieses Potential sollte nicht unterschätzt werden. Und den Taliban gegenüber wäre es unfair. Denn auch ihre Frauen kennen das Problem: „Ich lache, ich nieße, ich habe Blasenschwäche.“
Und was ist bitte mit „Rodong Sinmun“? Das Organ des Zentralkomitees der Partei der Arbeit Koreas darf künftig in keinem Mediaplan fehlen. Da ist also noch viel zu tun für die Mediaplaner von Always, Nestlé, Toyota und Audi. Schlimm ist nur, dass man ihnen immer wieder auf die Sprünge helfen muss.