Bily wundert sich: „Warum gibt’s noch keine GroDiKo?“

Wollen wir ihn nochmal rauslassen? Ja, ganz bestimmt! Im letzten Jahr brachte Digitalmanager Thomas Bily (Wize.life) mit seiner Kolumne bei Clap einiges in Bewegung. Grund genug, die Reihe fortzusetzen. Ein Mal pro Monat wird Bily mit ironischem Biss das Mediengeschehen weiter begleiten. Los geht’s mit ein paar interessanten Untertönen zum schwierigen Jahresstart.
 
Das Jahr startet mit Paukenschlägen: Zuckerberg muss Facebook reparieren, Ansgar Brinkmann geht in den Dschungel, Christiane Arp will die Modebranche wiederbeleben und „Focus“ feiert den 25. Geburtstag – mit verschiedenen Covern für jedes verkaufte Exemplar. Dabei ist, laut Psychologen, Mitte Januar eh schon die depressivste Phase des Jahres: Wetter doof, gute Vorsätze perdu (noch mehr Kilos trotz Nicht-Nichtrauchens) und dann auch noch das ganze elendige Chaos in der Medienwelt.
 
Angeblich geht es Deutschland so gut wie lange nicht mehr. Bloß fühlt es sich an, als brumme die Konjunktur sauber an einer ganzen Branche vorbei und hupe auch noch höhnisch zu – während Werbungtreibende, Agenturen und Publisher händeringend versuchen, endlich ein neues Geschäftsmodell freizulegen, mit dem alle gut leben können. Vielleicht nicht mehr ganz so bräsig wie früher, aber zumindest so, dass erstmal die laufenden Kosten gedeckt sind und man das alte Geld nicht anfassen muss. Vielleicht wären folgende Bekenntnisse dabei hilfreich:
 
1. Koalition statt Gefangenen-Dilemma! Wir sehen Facebook nicht mehr als Gegner, sondern als (von mir aus: „ungeliebten“) Partner. Facebook kontrolliert einen wichtigen Zugang zum Publikum. Publisher hätten Inhalte. Konfrontation ist für Publisher riskanter als für Facebook. Zuckerbergs Netzwerk muss sich ändern oder sogar neu erfinden, arbeitet daran und wird vielleicht nicht bei allen Korrekturen gleich ins Schwarze treffen. Aber: Facebook wird die Hoheit behalten in Sachen Zugang zum User. Zuckerberg wird sich diese Distributionsleistung in Zukunft noch besser bezahlen lassen. Das wäre, aus Verlagssicht, nichts anderes als die Grosso- und EH-Spanne „in digital“.
 
2. Es gibt kein Zurück! Große Werbekunden wie Adidas bestätigen, dass sie ihre Budgets weiter und noch stärker auf Facebook sowie Amazon & Co. ausrichten. Und jede Wette: Wenn es zum Budget-Schwur kommt, werden selbst mondäne Mode-Entscheider in der stillen Umkleide erkennen, dass 10.000 Euro für Online-Werbung 2018 angemessener und messbarer sind als 10.000 Euro für eine Anzeige oder einen Spot. Der klassische Werbemarkt wird also weiter schmelzen. Er schmilzt aktuell nur langsamer, weil die gute Konjunktur diesen schwächelnden Teil der Branche noch recht gut versorgt.
 
3. Schluss mit dem Selbstbetrug! Die neue Spiegel Online Chefredakteurin Barbara Hans ist der Meinung: „Wenn man schreibt, was keinen interessiert und es vor allem um den Absender geht, nicht aber um die Leser, dann kann man Tagebuch schreiben.“ In die gleiche Kerbe schlug seit jeher Helmut Markwort, Gründer, Gesicht und Botschafter von „Focus“ mit „Fakten… und immer an den Leser denken.“ Vielleicht tickt die breite Bevölkerung etwas Dschungel-lastiger, als man im Feuilleton befürchtet hatte. Thomas Ebeling hatte das für das TV-Publikum vor kurzem präzisiert. Vielleicht sind die neuen Reichweiten-Medien gar nicht das, was man bislang als Qualitätsmedien deklarierte? Ein früherer Kollege und Grand-Seigneur in Offenburg flüsterte mir mal: „Verlage werden weiterhin gut verdienen, aber man muss sich das Geschäft mit vielen kleinen Booten zusammen holen. Die Dickschiffe wird es nicht mehr geben.“ 
 
Eigentlich ist ja schon längst alles gesagt. Es wäre Zeit zu handeln. Zeit für Koalitionen.
 
Foto: Alexander von Spreti