Thomas Koch: Jedem sein Briefing

Dass das Morning Briefing des sagenumwobenen Gabor Steingart gefühlt mehr Leser hatte als „Handelsblatt“ und „Wiwo“ zusammen, war eine der eher beiläufigen Meldungen um das Ausscheiden des umstrittenen aber in vieler Hinsicht glanzvollen Handelsblatt-Herausgebers. Sein Briefing war so etwas wie ein Shop in Shop, das Medium im Medium geworden.

Als am Morgen des 9. Februar zunächst kein Morning Briefing erschien, waren Teile der Fachpresse in Weltuntergangsstimmung. Ein Morning ohne Steingart-Briefing? Unvorstellbar. Deutschland würde das wohl kaum überleben. Hatte doch Steingart zuvor seine längst zum Bestseller gewordene Briefing-Sammlung den bescheidenen Buchtitel gegeben: „Kopf hoch, Deutschland! Mit dem Morning Briefing durch stürmische Zeiten“. Was sollte nun aus unserem geliebten Land werden?

Doch verzagen Sie nicht. Verlage sind ohnehin von gestern. Alleine dem Newsletter gehört die Zukunft. Steingart wird weiter-briefen. Und es kommt noch besser: nicht nur er. Zahlreiche Publizisten kündigten bereits an, mit-briefen zu wollen. Nun erwarten uns so spannende und unverzichtbare Phänomene wie „Afternoon-Letters“ und „Evening-Reports“.

Getreu dem berühmten Rekommandeurs-Spruch „Jetzt wieder dabei sein…“, will da niemand den neuen Trend verpassen. Da mach ich selbstverständlich mit. Als Nachtmensch, für den man mich kennt, nenne ich mein Briefing „Mitternachtsspitzen“. Good Night, and Good Luck…