Thomas Koch-Kolumne: Meine Liebeserklärung an die „heute-show“

Freitagsabends geht es vielen von Ihnen wahrscheinlich genauso wie mir: Wir freuen uns auf die heute-show mit Oliver Welke. Ein Freitag ohne heute-show ist irgendwie kein richtiger Freitag. Und wenn Donnerstag ein Feiertag ist, sich also der Mittwoch wie Freitag anfühlt, dann ist man ganz enttäuscht, dass abends keine heute-show kommt.

Vor kurzem ist sie zehn Jahre alt geworden. Und man fragt sich, wie das Leben wohl früher ohne sie gewesen sein muss. Eintöniger, unlustiger jedenfalls. Und für das ZDF unquotiger. Denn die heute-show zählt seit Jahren für den überalterten, öffentlich-rechtlichen TV-Dinosaurier zu den Quotenbringern im jungen Publikum und den gefeierten Highlights der betriebseigenen Mediathek.

Doch Hans Hoff, journalistischer TV-Haarspalter vor dem Herrn und – wie er selbst zugibt – mit fortgeschrittenem Alter gesegnet, haut drauf. Er ist nicht zufrieden. Nicht mit der Selbstzufriedenheit, nicht mit der Intelligenz, nicht mehr mit Olli (Welke) und Gernot (Hassknecht). Er fragt, wo denn die Ambition geblieben sei. Du schluderst, schreibt er bei DWDL, du verlotterst.

Ja, was hat denn der Hoff auf einmal? Die heute-show nennt sich höchst offiziell „Nachrichten-Satire“. Da bleibt bisweilen platte Haudrauf-Comedy gegen Angela Merkel, „Bernd“ Höcke, die FDP, NRW und die-Bayern-an-sich nicht aus. Dass die Show damit immer wieder Quotensieger wird, kann man dem ZDF nun wirklich nicht vorwerfen. Erfolg macht doch Spaß! Und sie ernsthaft mit dem politischen Kabarett der „Anstalt“ zu vergleichen, zeugt auch nicht gerade von TV-Weisheit. Eher hätte Hoff fragen können, ob die ARD nicht besser kann als „extra 3“.

Aber was echauffieren wir uns? Die heute-show ist geil. Sie ist, das muss man neidlos anerkennen, eine Plattform, die Comedians wie Lutz van der Horst, Fabian Köster, Hazel Brugger und Nico Semsrott hervorgebracht, ihnen Reichweite verschafft und einen festen Platz in unseren Herzen gesichert hat. Ohne solche Typen wäre das Leben in unserer spießigen bundesdeutschen Mops-Republik gewiss möglich, aber sinnlos.

Halten wir stattdessen fest, dass auf der heute-show immerhin draufsteht, was drinsteckt. Von unserer Marketing- und Werbebranche kann man das ja leider nicht immer behaupten. Die heute-show muss sich nicht vorwerfen lassen zu schwindeln und zu lügen, wie das Unternehmen wie Volkswagen („Echt saubere“ Diesel-Modelle) oder Facebook („Die Zukunft ist privat“) und alle von Foodwatch mit einem „Goldenen Windbeutel“ ausgezeichneten Marken wie Alete und Coca-Cola durchaus gerne tun.

Viele Medien sind keinen Deut besser. Der Begriff „lügen wie gedruckt“ stammt aus dem 15. Jahrhundert, doch der Urheber kann damit nur die BILD vorausgeahnt haben. Und seit der Relotius-Affäre ist selbst Der Spiegel nicht frei davon. (Das einzige Medium, dem man wirklich vertrauen kann – das wissen Sie – halten Sie glücklich in Händen.)

Nein, Etikettenschwindel betreibt die heute-show nicht. Sie braucht auch kein „Comedy-Abitur“. Sie ist Comedy – mal platt, mal intelligent, und manchmal einfach nur lustig. Und Fernsehen, lieber Hans Hoff, ist lean-back-Unterhaltung und nicht das Feuilleton der FAZ. Auch wir, die erfolgsverwöhnten Medien-Macher und Werbe-Manager, die beneidenswerten Intelligenzbestien mit der „Zeit“ unterm Arm, die RTL2 öffentlich verabscheuen, brauchen gelegentlich eine Pause: eine heute-show.

Und wenn man mal keine Lust auf die heute-show hat oder sie – oh, graus! – wie jüngst am 7. Juni in die Sommerpause ging, dann bleibt uns immer noch die Mediathek. Oder freitagsabends der zeitgleiche #SchleFaZ auf Tele5: Die schlechtesten Filme aller Zeiten. Wenn im September der 100. SchleFaZ im Berliner Tempodrom live über die Bühne geht, bin ich dabei. Satire? TV-Trash? Kann ich. Sehen wir uns dort, Herr Hoff?