Streaming killt den Rockstar

Vor kurzem veröffentlichte „Die Zeit“ die meistgehörten Spotify-Songs in Deutschland seit 2012. Dominiert werden die Charts demnach von Rap-Songs und von Männern. „Auffällig ist, dass Rockmusik in der Streaming-Welt keine Bedeutung mehr spielt“, notiert „Die Zeit“ am Rande. In der Liste kommt als erste Rock-Band Linkin Park tatsächlich erst auf Platz 68. Aber stimmt die These überhaupt?

Spotify kann als Beweis da nicht allein herhalten. Ein Blick in die Abrufzahlen bei Youtube spricht aber ebenfalls für die Behauptung der „Zeit“- vor allem die Rapper erobern die Streaming-Welt, und zwar sehr zu ungunsten der Rockszene. Und offensichtlich ist das nicht nur ein deutsches, sondern ein weltweites Thema, wie Clap bei einigen Stichproben herausfand.

So hat beispielsweise das vor vielen Jahren hochgeladene offizielle Video des Rolling Stones-Klassikers „Start me up“ bei der Bewegtbildplattform vergleichsweise schmale 28 Millionen Aufrufe. Über das Ergebnis kann die kanadische Rapper-Ikone Drake wahrscheinlich nur lachen. Mit seinem Hit „Hotline Bling“ kommt er auf gigantische 1,5 Milliarden Abrufe. 

Auch national sieht das ähnlich aus. Der kommende Star Shirin David liegt mit den Abrufzahlen teilweise weit vor bekannten Größen wie Marius Müller-Westernhagen. Der Rap-Song „Gib ihm“ hat, auch durch ihren eigenen YouTube-Kanal, fast 45 Millionen Aufrufe. Das seit sieben Jahren verfügbare offizielle Video „Bochum“ von Herbert Grönemeyer kommt nur auf 6 Millionen. Nicht mal ganz.

Es muss auch nicht immer Rap sein, auch Beats per Minute sind gefragt. Super-DJ David Guetta zeigt mehrfach, wo es lang geht. Sein Sechser im Lotto ist das Duett mit Nicki Minaj (1,3 Milliarden Abrufe). Keine Chance für Rammstein. Das mit großer Medienpower in Szene gesetzte Deutschland-Video schafft es sechs Monate nach Veröffentlichung auf rund 81 Millionen Aufrufe. Ein Bruchteil. Aber immerhin ein paar Klicks mehr als die Stones. Sicherlich liegt es daran, dass die Mick Jagger-Zielgruppe immer noch für Tonträger offen ist und sich an einer Original-Vinyl-Scheibe wie „Exile on Main Street“ erfreuen kann. Den Shirin Davids gehört dagegen die Streaming-Welt, also die Zukunft.

Was nun? Zumindest das Deutsche Städte-Network reagiert, sagte gestern den Streaming-Größen den Kampf an und bringt gerade eine Plattform für Rockmusik „als Alternative zu Spotify und Co.“ auf den Weg. Und auch Clap hat sich was überlegt: Im April nächsten Jahres gibt es eine private Clap-Rock-Party. Geboten wird eine Mischung aus Post-Grunge, New Metal und Alternative Rock. Wenn sich jemand angesprochen fühlen sollte und teilnehmen möchte kann uns eine Mail schreiben (clap@clap-club.de). Fünf Clap-Leser können dabei sein.

„Die Zeit“ stellte uns mit Dank den kürzlich veröffentlichten Print-Beitrag zum Abgesang auf die Rockmusik zur Verfügung:

Foto: Pixabay

Text: Daniel Häuser