„Facebook-Gründer Mark Zuckerberg betont immer wieder die ethische Verantwortung des weltweit größten sozialen Netzwerks. Facebook ist und bleibe ein idealistisches Unternehmen. Vielleicht verwechselte er ‚idealistisch‘ aber einfach auch nur mit ‚idiotisch‘. Weltweit mehr als 7500 Mitarbeiter sollen tagtäglich verhindern, dass die von den etwa 1,5 Milliarden Nutzern veröffentlichten Inhalten nicht gegen die hauseigenen Spielregeln verstoßen. So will das Netzwerk beispielsweise verhindern, dass Hassrede oder politischer Manipulation Tür und Tor (zur Welt) geöffnet werden.
Aber auch, dass Menschen mit dem verstörenden Anblick einer unverhüllten weiblichen (!) Brust konfrontiert werden. Wobei auch hier oft schon eine scharfe Trennlinie zwischen einer weiblichen und männlichen Brust schwierig zu ziehen ist: Wächst bekanntlich so manch stolz geschwellte und vom steten Bierkonsum (und den darin enthaltenen pflanzlichen Östrogenen) gewachsene Männerbrust gerne mal zum imposanten Doppel-D-Format heran, während beispielsweise die Oberweite von berufsbedingt und chronisch unterernährten Laufstegmodels nicht immer für jeden gleich und absolut zweifelsfrei als Frauenbrust identifiziert werden kann. Aber das ist ein anderes Thema.
Satire darf alles, das wusste schon Kurt Tucholsly. Aber der kannte ja auch Facebook noch nicht. Denn Satire mag ja alles dürfen, solange sie nicht auf Facebook veröffentlicht wird. Nachdem ich inzwischen schon daran gewöhnt bin, aufgrund meiner ‚obszönen Inhalte‘, wie der Abbildungen von ‚Playboy‘-Titelseiten, immer wieder auf Zeit von der Facebook-Community ausgeschlossen zu werden, so verschafft mir die Ethikkommission des US-amerikanischen Netzwerkes gerade erneut eine dreitägige Denk- und Sendepause.
Wie ich diesmal gegen die Hausordnung verstoßen habe? Ich hatte einen Post des französischen Kabarettisten Emmanuel Peterfalvi, besser bekannt durch seine Kunstfigur ‚Alfons‘, auf Facebook geteilt. Dieser Alfons, stets in einer orangefarbenen Trainingsjacke gekleidet, verarbeitet in seinen Bühnenprogrammen auf treffsichere Art und Weise typisch französisch-deutsche Klischees.
In jenem Post sagt Alfons dann also: ‚In Deutschland habt ihr vor dem Supermarkt Frauenparkplätze. Das haben wir in Frankreich nicht. Wir nehmen unsere Frauen mit rein.‘ Haha. Wer würde schon darauf kommen, dass er Gefahr läuft, von Facebook ausgesperrt zu werden, wenn er dieses witzige und doch auch harmlose Zitat mit folgendem Zusatz ‚Verrückt, diese Franzosen‘ auf seiner eigenen Facebookseite verbreiten würde? So geschehen.
Mein Beitrag würde, so teilt mir Facebook mit, gegen die ‚Gemeinschaftsstandards zu Hassrede und Herabwürdigung‘ verstoßen und müsse deshalb sofort gelöscht werden. In der Überzeugung, dass es sich hierbei ja doch eher um ein Missverständnis handeln müsse, bat ich daraufhin Facebook um eine erneute Überprüfung dieser Zensurmaßnahme. Auf eine Antwort musste ich dann auch gar nicht lange warten.
Wenige Minuten später wurde mir mitgeteilt, dass die Sache nochmals geprüft wurde und mein ‚Einspruch‘ abgelehnt werden muss. Und zur Untermauerung dieser Maßnahme würde ich jetzt auch noch mit einer dreitägigen Denkpause belegt werden. Was bedeutet, dass man weder die Möglichkeit zur Veröffentlichung oder zur Kommentierung der Inhalte auf seinen Facebook-Kanälen hat. Was in meinem Fall einen eher überschaubaren Schaden anrichtet, andererseits in mir auch die Überzeugung wachsen lässt, dass Mark Zuckerberg in seinem Bestreben, sich selbst als auch sein Unternehmen als moralische Instanz zu inszenieren, auf ganzer Linie gescheitert ist.“
Florian Boitin ist Chefredakteur des Männermagazins „Playboy“. Vor kurzem hat er sich mit Kouneli Media selbstständig gemacht.