Der Erfinder des Reality-TVs („Big Brother“) will es nochmal wissen. Weil es niemand anders so richtig macht, stellt sich Borris Brandt selber vor die Kamera und produziert regelmäßig eine echte Late Night Show bei YouTube. Und zwar ganz im Sinne der 90er Jahre und sogar täglich von Montag bis Freitag eine ganze Stunde lang live von 22 Uhr bis 23 Uhr. „Bobs Late Night Show“ heißt seine eigene Sendung, die vor kurzem erstmals online gegangen ist. Medienchecker Jo Groebel war auch schon da. Was hat Brandt tatsächlich vor? Das haben wir ihn in einem Interview gefragt.
Herr Brandt, fehlt Ihnen Harald Schmidt so sehr, dass Sie jetzt eine eigene Late Night-Show auf die Beine gestellt haben?
Brandt: Ja, Harald fehlt mir sehr! Gerade heute! Was hätten wir mit dieser Pfeifenregierung unter der Führung von Dr. Nö einen Spass. Aber davon bin ich, intellektuell und handwerklich ganz weit entfernt! Ich habe Harald übrigens gerade gestern angeschrieben, um ihn zum Interview einzuladen. Mal sehen…
Ein paar Tausend Abrufe können Sie von einigen Fans schon verzeichnen. Aber Sie gelten als ein Mann mit hohen Ansprüchen. Mit wie vielen Klicks bei YouTube wären Sie zufrieden?
Brandt: Ich bin ja eher der Typ ‚Entertainment ist Handwerk‘. Also habe ich ganz Oldschool mal recherchiert und kombiniert. In Deutschland gibt es rund 27 Millionen Menschen, die das, was Deutschland mal war, geliebt haben, unsere Werte, unsere Kultur und unsere Errungenschaften in den letzten 70 Jahren, 27 Millionen, die fassungslos sind, über diese furchtbar hilflose Regierung und ihr planloses Treiben. 27 Millionen, die jeden Tag frustrierter, bedrohter, unzufriedener aufstehen, arbeiten und ins Bett fallen. Und 27 Millionen, die entsetzt sind, dass viele der Journalismus und Kollegen im Entertainment im vorauseilenden Haltungsrausch versinken und nicht mehr das tun, was ihre traditionelles Handwerk ist: den Regierenden auf die Finger schauen, Versagen und Skandale aufdecken und mal den Puls fühlen, bei den selbstverliebten Vögeln.
Bei Ihnen hat sich scheinbar viel angestaut in den letzten Jahren…
Brandt: Für genau diese 27 Millionen setze ich mich mit meiner Frau jeden Abend hin und wir reden frei, unzensiert, spontan, emotional und subjektiv über alles, was uns auffällt, was wir herausfinden, was andere sich nicht mehr zu sagen trauen. Wir machen es wie früher: Wir sind eine Insel des Austauschs, des Luft ablassens, der Freunde und der Entspannung. Andere Meinung immer willkommen! Und immer mit Respekt! Wenn wir es hinbekommen, dass unsere Zuschauer um 23 Uhr etwas leichter ins Bett gehen, etwas besser durchschlafen, etwas erholter aufstehen und diese neue Kraft dafür nutzen, anderen etwas Gutes zu tun, jemanden ein Kompliment zu machen, jemandem zu helfen, dann habe ich, haben wir alles alles erreicht! Unsere Ziele : 2024 10tsd Abonnenten, 2025 50tsd, ein neues Studio, eine kleine Redaktion mit dem „Alles geht“ approach und , klar, Live Band….
Brandt: Ehrlich gesagt – was ehemalige TV Kollegen sagen ist mir total egal, war mir schon immer egal. Die haben sich immer gerne aus der Position des ‚War immer so, geht nicht, wer will das sehen?‘ das Maul zerrissen, aber am Ende hatte ich meistens Recht. Reality hab ich in Deutschland etabliert, ebenso beispielsweise die erste moderne Daily Kochshow mit „Zacherl“. Und. Und. Und. Ich bin so gar nicht interessiert was ehemalige Kollegen meinen. Sehr wohl interessiert mich alles, was meine aktuellen Gäste, Kunden, Zuschauer und aktuelle Kollegen und Freunde denken, meinen und fühlen. Davon lebe ich und lerne jeden Tag dazu.
Wer hilft Ihnen bei den Gags? Sie haben doch bestimmt einen Ghostwriter. Oder machen Sie tatsächlich alles alleine?
Brandt: Ich mache alles mit meiner Frau alleine! Und wir haben Etienne. Der kennt sich mit der Technik aus.
Wie lange wollen Sie durchhalten? Was ist das Mindestziel?
Brandt: Wir machen das für unsere Zuschauer. Aktuell sind das rund 70.000 im Monat. Und die Resonanzen sind unfassbar positiv, emotional, herzlich. Das macht uns glücklich – jeden Tag – wir machen weiter, wachsen uns zurecht, stecken jeden Euro in die Weiterentwicklung und man glaubt es kaum. Da hat jetzt sogar ein Sender deutlich Interesse an mir, meiner Frau und dem Format geäussert. Ich kann das noch nicht so recht bewerten. Aber Josef Neckermann hat mit 50 das Reiten begonnen und wurde noch Olympiasieger. Insofern…
Wie geht es eigentlich dem Lokalfernsehen in Hamburg, bei dem Sie ja engagiert sind?
Brandt: Tja. Komplex. Ich helfe ja gerade bei Hamburg1, moderiere mit Marco Ostwald das Frühstücksfernsehen, mache einen Medientalk mit Jo Groebel und interviewe Politiker und Prominente, aber ich arbeite parallel auch an einer spannenden Kooperation mit meinem Freund Jürgen Hunke, dem das Thema Lokaljournalismus ebenfalls sehr am Herzen liegt. Gerade in politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich schweren Zeiten, besinnt sich der Mensch auf sein unmittelbares Umfeld und braucht lokale Information und Unterhaltung. Die Gesichter, die Meinungen und die Geschichten der Region liegen einem emotional viel näher, als der berühmte Sack Reis. Und auch für Werbetreibende wird die Region, der unmittelbare, messbare Umsatz immer wichtiger. Spannende Zeiten!
Interview: dh