„Würde mich niemals als Duffi vorstellen!“

Auf der deutschen TV-Bühne hat sich der frühere MTV- und IP-Deutschland-Mann Alexander Duphorn rar gemacht. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn der 44-Jährige ist seit 2011 Chef des Schweizer TV-Vermarkters Goldbach Media. Wie er sich in der Alpenrepublik fühlt und was die Unterschiede im TV-Geschäft von Schweizern und Deutschen sind, erklärt er im Clap-Clubgespräch.

Sie sind der Gast, der bisher den weitesten Weg auf sich genommen hat, um zum Clubgespräch zu kommen. Deswegen dürfen Sie die erste Frage stellen. Am besten auf Schwyzerdütsch!
Nein, das sollte man als Deutscher auf keinen Fall machen:versuchen, wie ein Schweizer zu reden.

Na gut, dann aber auf Deutsch.
Was habe ich in den letzten Jahren auf dem deutschen TVMarkt verpasst?

Nicht viel, im Prinzip die gleichen Leute auf den gleichen Positionen. Und weil anscheinend in Zürich mehr abgeht, haben wir Sie eingeladen. Was ist denn dort eigentlich so viel besser als in Good Old Germany?
Sowohl in meiner IP-Deutschland- als auch bei meiner Viacom-Zeit war ich für die Schweiz verantwortlich. Trotzdem war ich fast blauäugig zu glauben, den Markt zu kennen, so gesehen, war ich bis dahin nur als Tourist da und musste viele Schweizer
Marktbesonderheiten lernen.

So, und jetzt mal bitte mit einem Satz. Was ist cooler: München oder Zürich?
Als Opportunist fühle ich mich immer da wohl, wo ich gerade bin, und daher liebe ich Zürich. Meine Verlobte kommt aus München und würde das vielleicht anders beantworten, aber auch sie ist mittlerweile gesettled in der Schweiz. Es gibt eben im Gegensatz zu München einen großen See mitten in der Stadt.

Welche Unterschiede zu Deutschland gibt es noch?
Die Mentalität der Schweizer, der Umgang miteinander, der ist komplett anders.

Ist es schwierig, diese Mentalität zu erlernen?
Ich habe gemerkt, dass ich vermeintlich diplomatisch bin. Für deutsche Verhältnisse war ich diesbezüglich fortgeschritten, für Schweizer Verhältnisse aber noch ein Anfänger. Aber auch Umgangsformen sind anders: Du begrüßt jeden mit Namen und Handschlag. Unabhängig von der Person und der Funktion. Man versucht in einem Meeting, alle abzuholen und auch letztendlich mit einer geschlossenen Meinung aus dem Raum rauszugehen. Alle sollen eine gemeinsame Entscheidung finden, um auch eine gemeinsame Richtung gehen zu können.

Was können die Deutschen von den Schweizern lernen?
Souveränität.

Spüren Sie manchmal Dissonanzen im deutsch-schweizerischen Innenverhältnis? Auf politischer Ebene ist das ja momentan zu spüren.
Es gibt schon unterschiedliche Tugenden: auf der einen Seite die Souveränität und Höflichkeit, auf der anderen Seite das Selbstbewusstsein. Die Deutschen fühlen sich oft wie der große deutsche Bruder, aber die Schweizer wollen Selbstbestimmung. Das paart sich eben nicht immer. Als Außenstehender glaubt man schnell mal, dass die Deutschen und Schweizer doch fast dieselbe Sprache sprechen und überhaupt eine ähnliche Mentalität haben. Das ist aber mitnichten so: Schwyzerdütsch ist eine vollkommen eigenständige Sprache mit verschiedenen Dialekten, und in Deutschland erzählt man schon mal gern wie toll man ist und was man alles kann.

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Und das ist verpönt?
Absolut. Es gibt ja auch Bücher darüber, Regeln zum Leben in der Schweiz.

Was war die treffendste?
Wenn eine Regel aufgestellt wurde, dann halte dich dran. Interpretiere sie nicht! Geschwindigkeitsübertretungen werden zum Beispiel brutal bestraft. Ich musste einmal über 1000 Schweizer Franken Buße bezahlen und war meinen Führerschein für vier Wochen los, weil ich ein Tempo-30-Schild übersehen hatte. Da gibt’s dann nichts zu verhandeln.

Apropos bezahlen. Für Sie steht der Euro günstig. Wo kaufen Sie noch heute in München billig ein?
Von den Dingen, die richtig Spaß machen würden, wie Weißwürste für ein großes bayerisches Frühstück, darf man nicht viel mitnehmen. Also kauf’ ich es letztlich doch in der Schweiz.

Da werden wir noch mal nachhaken. Aber gut: In Deutschland hatten Sie den Spitznamen Duffi. Hat der Sie genervt,
und haben Sie den drüben abgelegt?
Ich würde mich niemals jemandem als Duffi vorstellen. Wenn mich jemand so anspricht, dann macht er das, weil er mich als solchen kennt, und das nervt gar nicht.

Und auch schätzt. Sie sind in der Medienbranche recht beliebt. Was ist denn ihre dunkle Seite?
Manchmal bin ich vielleicht zu harmoniebezogen. Ich möchte es tendenziell jedem immer recht machen.

Wann werden Sie wütend?
Wenn Dinge komplett unlogisch oder irrational laufen. So was ist einfach dumm. Dummheit macht mich wütend.

Sie arbeiten bei Goldbach Media. Das klingt total harmlos, irgendwie beschaulich. Aber ihr Unternehmen hat ja eine gewisse Größe, die nicht zu unterschätzen ist.
Ein Stadtteil von Küsnacht heißt Goldbach. Das Unternehmen hat sich also nach diesem Stadtteil benannt. Klein ist das nicht unbedingt, es gibt beispielsweise einen eigenen Bahnhof mit dem Namen Goldbach. Wir vermarkten heute hier über 40 TVSender. Aber es gibt auch ein sehr starkes öffentlich-rechtliches Schweizer Fernsehen.

Die Markenbekanntheit von Goldbach in Deutschland lässt ja noch zu wünschen übrig. Egal?
Damit kann ich sehr gut leben. Die Sender, die wir in der Schweiz vermarkten, und die in der Schweiz buchenden Kunden kennen uns sehr gut,. Den Rest müssen Peter Christmann, Martin Krapf und die Goldbach Germany richten.

Wie fühlt sich der deutsche TV-Markt an, wenn man ihn aus der Distanz sieht?
Gar nicht so viel anders. Es sind oft die gleichen Ansprechpartner. Es gibt viele Parallelen, wie man im Markt auftritt. Es sind dort vielleicht größere Zahlen, mit denen hantiert wird. Es ist aber nicht so, dass ein komplett anderer Eindruck entsteht.

Aber etwas entspannter kann man die Dinge doch aus Küsnacht betrachten?
Vielleicht, wir fokussieren uns ja auf die Schweiz. Aber es gibt Herausforderungen, die hier genauso wie in Deutschland zu bewältigen sind. Auf der anderen Seite können wir aber auch vom deutschen Markt profitieren. So werden wir dieses Jahr zum Beispiel den TV-Wirkungstag zum ersten Mal auch in der Schweiz durchführen. Entspannung gibt’s an den Wochenenden in den Bergen.

Jetzt mal ehrlich. Bei Viacom hatten Sie aus beruflichen Gründen ein Sponge-Bob-Plüschtier im Büro. Wie bescheuert
fanden Sie den wirklich?
(Lacht.) Ganz ehrlich muss ich gestehen, dass ich den wirklich gut fand.

Welche Figur würden Sie aus unserem Büro mitnehmen?
Spontan den Werner, aber Kult ist Loriot.

(Interview: Bulo/Häuser), Fotos: Alexander von Spreti