„Apple liebt den Journalismus so sehr, dass die Firma den Verlagen einen Deal anbietet, der noch schlechter ist als der, den die Musikindustrie bekommen hat“, twitterte in dieser Woche zornig Wolfgang Blau, der Chef des Condé-Nast-Geschäfts außerhalb der USA. Es ging um die geplante Flatrate für Zeitungen und Zeitschriften bei Apple News, die offensichtlich in Kürze starten soll. Doch in Europa muss sich Apple mit dem Platzhirschen Readly auseinandersetzen. Wir haben den Readly-Geschäftsführer Philipp Graf Montgelas für ein Interview zum Thema der Stunde gewinnen können.
Wie das „Wallstreet Journal“ kürzlich berichtet hat, scheint die geplante Zeitungs-Abo Flatrate von Apple konkrete Formen anzunehmen. Wird die Marktmacht von Apple Readly Schwierigkeiten bringen, oder ist in dem Segment Platz für zwei oder sogar mehrere große Angebote?
Montgelas: Es ist ein positives Zeichen, wenn ein Schwergewicht wie Apple in Zeiten von Fake News in Qualitätsjournalismus investiert. Diese Investition bringt schlagartig neue Dynamik, mehr Aufmerksamkeit und Wettbewerb in den Markt der digitalen Zeitschriften-Abo-Dienste. Was genau Apple vorhat, darüber wird im Moment nur spekuliert. Das kann sich ändern nach dem Apple-Event am 25. März. So oder so: wir konzentrieren uns weiter auf unseren Wachstumskurs in Europa, unsere Verlagspartner und den Ausbau unseres Produktes.
Insbesondere aber ist die Aufregung in der Verlagsbranche um die geplanten Konditionen gerade sehr hoch. Der Konzern will wohl satte 50 Prozent der Erlöse für sich behalten. Ziehen Sie da nun auch mit, oder bleibt es bei Readly bei vergleichsweisen fairen 30 Prozent?
Montgelas: Wir bleiben bei unserem 70/30-Modell. Das ist fair für alle Beteiligten und zusätzlich bekommen die Verlage auch noch weitreichende Analytics von uns.
Apple könnte Exklusiv-Partnerschaften anstreben. Dann könnten theoretisch einige ihrer großen Verlagskunden, etwa Axel Springer, dorthin abwandern. Befürchten Sie kurzfristig einen schärferen Wettbewerb?
Montgelas: Wir sehen aktuell keinen Grund, warum Verlagspartner abwandern sollten – schon gar nicht kurzfristig. Readly hat sich in den letzten Jahren als verlässlicher Partner für Verlage in ganz Europa etabliert. Das spricht sich rum.
Von den Preiskonditionen mal abgesehen. In welcher Hinsicht kann oder will Readly künftig in der Zusammenarbeit mit den Verlagen punkten?
Montgelas: Wie gesagt, wir haben uns bisher als verlässlicher Partner erwiesen und wollen das bleiben. Readly wird weiter expandieren, nicht nur in neue Märkte, sondern auch mit Angeboten für die Verlage, wie z. B. die Readly Exclusives. Hier bringen wir unser ganzes Know-how ein, um die Titel auf unserer Plattform national und global voranzubringen. Kurzum: mehr hochwertiger Content, mehr Nutzer und letzten Endes mehr Geld für alle.
Befürchten Sie eigentlich, dass etwa auch Amazon als ehemaliger Bücherversender oder Google ein ähnliches Geschäftsmodell aufzieht?
Montgelas: Finanziell hätten die Großen die Möglichkeit, jeden Markt zu betreten. Aber wir sollten uns auf uns konzentrieren und nicht spekulieren. Was nicht heißt, dass Readly den Wettbewerb nicht aufmerksam beobachtet. Doch im Moment machen wir den Markt in Europa.