Koch-Kolumne: Sie verdienen zu wenig!

Weil der Kommentar von Mr. Media Thomas Koch im letzten Clap-Magazin so gut ankam, lesen Sie hier exklusiv die Extended Version seiner Meinung zum Gehaltsgefüge in deutschen Medienunternehmen. 

Ein Raunen ging durchs Medien-Publikum. Was war geschehen? Diese Nachricht bahnte sich ihren Weg durch die Presse: ZDF-Intendant Thomas Bellut verdiente 2017 – trotz eines Fehlbetrags in der Bilanz – 350.000 Euro. ZDF-Chefredakteur Peter Frey und Programmdirektor Norbert Himmler 230.000 Euro. Empörung! Aufschrei! BILD war außer sich und titelte aufgeregt: „So viel verdienen die ZDF-Chefs“!

Ist das schon Grund für ein ZDF-Bashing? Verdienen die zu viel? Nehmen wir uns die Zeit für eine kurze Einordnung: BILD zahlt seinem Chefredakteur Julian Reichelt geschätzt zwischen 500.000 und einer Million Euro. Das Gehalt seines Chefs, Springer-Vorstand Mathias Döpfner, wird auf 19 Millionen Euro taxiert. Ich bitte also um Ruhe.

Nun wissen wir auch endlich, warum Daimler-Chef Dieter Zetsche oft so traurig in die Kamera guckt. Für das Lenken der 13. wertvollsten Konzernmarke der Welt machen seine Aktionäre gerade einmal 8,6 Millionen Euro locker. Geradezu lächerlich. Doch wirklich lachhaft sieht anders aus: Die mächtigste Frau der Welt, die Mutter der Nation Angela Merkel, verdient possierliche 300.000 Euro pro Jahr. Und trägt dafür die Verantwortung für ein ganzes Land mitsamt seiner 83 Millionen Einwohner. Macht genau ein Drittel Cent pro Untertan.

Beim Begriff Verantwortung sollte uns ohnehin das Wort im Halse stecken bleiben. Jede Krankenschwester und jeder Busfahrer trägt mehr Verantwortung als die meisten von uns. Doch sie bekommen dafür nur ein Almosen. Wenn auch viele in der Medien- und Werbebranche gern behaupten, ihr Salär sei nicht mehr als Schadensersatz, so muss der kritische Beobachter doch festhalten, dass durch Fehler bei unserer Arbeit nur selten Menschen zu Schaden kommen. Außer es handelt sich um Fehlmanagement. Warum nur fällt mir dazu gerade Dumont ein…

Von wo auch immer Sie also diese Kolumne lesen, Sie sitzen an einem privilegierten Schreibtisch, wahlweise auf einer privilegierten Wohnzimmer-Couch. Entscheidend für das Gehalt, das Sie verdient oder unverdientermaßen beziehen, ist das Berufsumfeld, das Sie gezielt oder (geben Sie’s zu, wir sind hier unter uns) zufällig wählten. Seien wir ruhig ein wenig demütiger: Womöglich verschlägt es den einen oder anderen von uns im nächsten Leben in die Müllkutscher-Branche.

Kein Chefredakteur, geschweige denn Agenturchef, würde für das Gehalt einer Krankenschwester (jährlich 22.000 Euro brutto) eines Busfahrers (26.000) oder Müllmanns (32.000) arbeiten gehen. Warum eigentlich nicht? Tragen wir so viel mehr Verantwortung? Ist unsere Arbeit so viel „wertvoller“?

Zumindest für den Chefredakteur fällt mir eine Entschuldigung ein. Er/sie trägt eine ziemliche Verantwortung. Zum Beispiel für die Wahrnehmung der Aufgabe „Vierte Gewalt“ im Staat zu sein. Ohne unsere Chefredakteure gäbe es keine Demokratie. Das wollen wir also mal gelten lassen. Womit es durchaus gerechtfertigt wäre, Belluts Gehalt auf der Stelle mindestens zu verdoppeln. Zumal der gute Mann seit Jahren den TV-Marktführer stellt, weit vor ARD und RTL.

Diejenigen ChefredakteurInnen, die sich nicht täglich dem kritischen Journalismus widmen, tragen immerhin noch die Aufgabe und Pflicht uns auf irgendeinem gerade anwesenden Niveau zu unterhalten. Dafür bekommt man als RTL-Chef immerhin 5 Millionen; der Chef der weit abgeschlagenen Münchener Sendergruppe wird mit nur 4 Millionen regelrecht abgestraft. Da kommen einem glatt die Tränen.

Und? Wie steht es um Ihr eigenes Gehalt? Hand aufs Herz: Sie verdienen wahrscheinlich zu viel. Oder? Wenn Sie mehr verdienen als Angela Merkel, schämen Sie sich. Wenn Sie jedoch Qualitätsjournalist sind und damit zur „Vierten Gewalt“ beitragen, dann sollte auch Ihr Gehalt verdoppelt werden. Legen Sie Ihren Gesellschaftern einfach diese Clap-Ausgabe vor. Schon ist Ihre Gehaltserhöhung gerechtfertigt und durch.