Alexa ist eine Kurzform von Alexandra, was sich von den griechischen Worten „alexein“ = (be)schützen, verteidigen und „andros“ = Mann ableitet und somit „die Männer Abwehrende“ bedeutet. Nun wissen wir also, warum Amazon (= Angehörige eines sagenhaften Volkes kriegerischer Frauen) seinen Sprachassistenten Alexa nannte: Kriegerische Frauen wehren Männer ab. Das erklärt einiges. Denn ursprünglich sollte ja Amazon Cadabra heißen. Jeff entschied sich dann doch für die kriegerischen Frauen.
Krieg führte Alexandra mit mir von der ersten Stunde an. Als Echo in Deutschland eingeführt wurde, war ich sofort dabei. Endlich einmal First Mover. Als sich das Ding allerdings mehrfach nach irgendeinem Signal aus dem Fernseher einschaltete, obwohl niemand „Alexa“ gerufen hatte, wurde ich stutzig und schaltete das eigentümliche Weib mit den sieben Mikrofonen kurzerhand ab. Das war mir zu spooky.
Inzwischen, knapp drei Jahre später, kennen wir den wahren Grund: Das Ding hört immer mit – und am anderen Ende hören wildfremde Menschen, was wir im Wohnzimmer so treiben. Und im Schlafzimmer. Denn 60 Prozent nutzen Alexa und ihre Überwachungs-Kollegen im Schlafgemach. Wozu genau, hat mir niemand erklären können.
Das hat sich Amazon nicht zweimal sagen lassen und brachte Echo Spot und Echo Look auf den Markt, speziell entwickelt fürs heimische Schlafzimmer. Mit einem Bildschirm „für die Videotelefonie“ – und mit einer Kamera. Eine Kamera? Für wie blöd halten die uns eigentlich? Ich beantworte die Frage besser nicht, denn Spot und Look gehen weg wie warme Semmeln.
Menschen sind bekanntlich widersprüchliche Wesen. Einerseits ernähren sie sich vegan, gluten- und plastikfrei. Sie nutzen Strom aus erneuerbaren Energien. Sie kaufen im Reformhaus und setzen Primark & Co auf die Ausbeutungs-No-go-Liste. Sie laufen Treppen, statt mit dem Aufzug zu fahren. Sie verweigern sich Printmedien, weil sie sich um die Wälder sorgen. Und im Fernsehen gucken sie nur noch Arte, 3sat und Dokus auf Netflix. Einerseits…
Andererseits kaufen sie online bei Amazon, weil der Weg zum Laden zu mühsam ist. Bei Flaschenpost, weil sie den Bierkasten nicht mehr hochkriegen. Bei Lieferando, weil sie nicht mehr kochen können. Sie kaufen sich Alexas und richten ihr Home smart ein. Weil der Weg zur Fernbedienung, zum Lichtschalter und zur Heizung unerträglich weit wurde. Um zu erfahren wie das Wetter gerade ist, wird manchem gar der Blick aus dem Fenster zu energieverzehrend. Und schon bald werden unsere Küchen- und Kühlschränke den Einkauf endlich selbst erledigen können. Bei Amazon, versteht sich.
Nur ein Drittel der Deutschen lehnt den Einsatz von „mother’s little helper“ ab. Aus Datenschutzgründen und weil sie ihre Privatsphäre nicht ausspähen lassen wollen. Was für Loser…
Die übrigen zwei Drittel liegen bewegungslos auf der Couch. Wie sie den abendlichen Weg zum Bett im Schlafzimmer bewältigen wollen, ist ein Rätsel. Nach ihrem Gehirn verkümmern auch ihre Muskeln. Der Hirntod tritt in diesem Zustand bereits nach wenigen Jahren ein.
Die Menschheit wird aussterben. Bald sogar. Also keinesfalls in dreißig Jahren als Folge des selbsterzeugten Klimawandels. Sondern weitaus früher. Dem Klima kommt ein Phänomen zuvor, das niemand auf dem Schirm hatte: Alexa, die Männer (und Frauen) Abwehrende.
Foto: Alexander von Spreti