Seit einem Vierteljahrhundert gibt uns Frauke Ludowig auf RTL das vibrierende Gefühl, mit Stars und Sternchen per Du zu sein. Als „Exclusiv“-Frontfrau schafft sie Nähe durch Distanz. Privat wirke ihr unstillbares Interesse für Menschen und Geschichten dagegen oft übergriffig, bekennt Ludowig im „Clap“-Gespräch mit Bijan Peymani und verrät, warum Knast-Briefe ihre Karriere ebneten.
Die Launen des Schicksals schreiben ungezählte Lebensläufe. Da arbeiten die einen etwa in einer Bank, andere als Fleischerei-Fachverkäufer und wieder andere beim Privatfernsehen – so bunt sind die Curricula. Frauke Ludowig standen alle drei Wege offen. Am Ende landete sie bei RTL. Dort beglückt sie sich und ihr Publikum seit nun bald 30 Jahren und wohl bis in alle Ewigkeit mit „Exclusiv“-Berichten aus der Welt der Stars und Sternchen. Ludowig ist die bedeutendste Promi-Flüsterin dieses Landes. Ohne sie scheint die Glamour-Welt belanglos.
Die zierliche Frau mit der blonden Naturkrause, stets glatt gefönt und manchmal eingedreht, hat sich auf ihrer RTL-Bühne selbst zur Marke groß gemacht. Sie ist die Einzige unter einem halben Dutzend verschiedener „Exclusiv“-Gesichter – aktuell moderiert Ludowig den Star-Auftrieb im Wechsel mit Bella Lesnik –, die seit Beginn dabei ist. Intern ein Experiment und von Ex-Senderchef Helmut Thoma schon vor Erstausstrahlung am 2. Mai 1994 getötet („dös kann in Deutschland gar net funktionieren“), hieß das Format anfangs „Explosiv Telegramm“.
Aura der Bankangestellten
Anchor-Woman Ludowig umwehte damals noch die Aura der Bankangestellten, die sie einst zu werden drohte. „Nach meinem Abitur 1983 rieten mir meine Eltern, etwas Vernünftiges zu machen, also begann ich eine Ausbildung zur Bankkauffrau“, erinnert sich die inzwischen 55-Jährige. Und merkte schon bald, dass das nichts für sie sein würde. Aber sie zog durch: „Ich bin niemand, der Dinge einfach so hinwirft.“ Allerdings habe sie während der Lehre schon zu kämpfen gehabt, schloss mit einer „3“ ab. Dafür kann Ludowig seither gut mit Geld umgehen.
Zielstrebig und diszipliniert war sie schon immer, ausdauernd dazu – ein typischer Steinbock, eben. Und eine Menschenfängerin wider Willen: „Ich war innerhalb der Bank so beliebt, dass sie mich gleich übernommen haben. Und am Schalter war ich hervorragend einzusetzen, weil die Kunden alle so gut mit mir konnten und ich mit ihnen.“ Ein Jahr nach der Ausbildung war das Bank-Kapitel dann endgültig abgeschlossen. In Wunstorf westlich von Hannover geboren und aufgewachsen, zog es Ludowig zum Privatradio. Eine Freundin hatte damals da gejobbt.
„Ich hab zu ihr gesagt: Du, da will ich auf jeden Fall mal mitgehen!“ Diese Offenheit für das Unbekannte, diese Neu-Gierde im Wortsinne, prägten die junge Frauke von Kindesbeinen an. Heute hört man von ihr sicher nicht mehr Sätze wie: Komm, wir probieren jetzt mal was total Verrücktes“. Womöglich hat das diese so sympathisch bodenständige Promi-Frau nie gesagt. Aber wenn sie etwas will, weil es Sinn macht oder sie auch nur besonders reizt, dann brennt Ludowig dafür. „Brennt für etwas, dann klappt das auch“, ermuntert sie heute ihre Kinder.
Ziele erreichen
Dass sie selbst für den Radio-Job brennt, merkten sie dort rasch und engagierten Ludowig als Redaktionsassistentin. Das hieß übersetzt zunächst wochenlang, Regale zusammenzuzimmern und irgendwelche Singles einzusortieren. „Das war natürlich keine journalistische Arbeit, ich fand das eher schrecklich, aber ich habe die Zähne zusammengebissen.“ Schon damals war sich Ludowig für nichts zu schade. „Ich würde auch heute immer noch alles, was ich als sinnvoll erachte, machen, um ein Ziel zu erreichen. Ganz schlimm finde ich es zu sagen: Och nee, das und das mach ich aber jetzt nicht mehr.“
Faktisch moderiert die Frau auf Events alles weg, was sie mit Anstand vertreten kann, notfalls auch im Möbelhaus – „da habe ich überhaupt keine Dünkel, so lange es mir Spaß macht“. So war das auch mit den Knast-Briefen. Ihr Mentor damals beim Radio, Moderatoren-Legende Bernd Dassel („Talk im Bock“) verschaffte ihr die Co-Moderation in einer Sendung, die nicht nur „Liebesgrüße“ hieß, sondern auch noch sonntags von 21 Uhr bis zur Geisterstunde über den Äther lief. All das ließ nichts Gutes vermuten, Ludowig nahm die Herausforderung an.
„Wir haben den ganzen Abend nur Liebesbriefe vorgelesen, die uns Menschen zugeschickt hatten, die einsaßen. Das war sehr niedlich und zum Teil auch echt lustig! Ich war so etwas wie die ,Liebes-Queen’ des Privatradios.“ Im Verlauf lernte Ludowig das Medien-Metier von der Pike auf, durfte während ihres Volontariats bei „radio ffn“ in Isernhagen zur Freude ihrer Eltern die Verkehrsnachrichten verlesen, wechselte Anfang der 1990er zu RTL nach Köln. In Vertretung von Barbara Eligmann moderierte sie ab 1992 zunächst das Magazin „Explosiv“.
Graue TV-Raupe
Ludowigs Karriere-Urknall markierte jener Montag im Mai 1994 mit besagtem „Explosiv“-Ableger. Aus der grauen TV-Raupe wurde im Verlauf ein wunderschöner Schmetterling. Als Mitgift zur Sendung bekam Ludowig die redaktionelle Verantwortung für die verschiedenen „Exclusiv“-Formate. 27 Jahre RTL-Gesicht, 25 Jahre Leitung – „ja, das ist schon eine Zeit“, kommentiert sie lapidar und stilisiert ihre Liaison mit RTL zur „Ehe“ hoch. „Mit meinem Mann habe ich die 25 Jahre noch nicht, aber ich bin ganz optimistisch.“
Die beiden kennen sich seit 2001, damals begegneten sie sich auf einer Party in Berlin, heißt es. Seit 2003 sind sie verheiratet. Ein schönes Leben lebt sie da, die Ludowig. Sie steht hinter sich selbst. Sitzt nun da. Und ihre großen, grau-blauen Augen strahlen mit einem immerselben Lächeln (das sie gezielt hegt und pflegt) zwischen niedlichen Grübchen um die Wette. Dieses Gesicht, ebenso bekannt wie berechenbar, macht Ludowig wie geschaffen für eine Rolle als Testimonial, ihr drittes Standbein. Aktuell etwa für Kollagen-Trinkkuren namens „Elasten“.
Ganz neu hat sie „ara Shoes“ auf der Liste, ein Familienunternehmen aus dem beschaulichen Langenfeld im Rheinland. Anfang Juni wurde in Portugal geshootet. Hinzu kommen weitere Werbeverträge mit Marken, die vor allem über die sozialen Medien gespielt werden. Ludowig für alle, doch sie achtet akribisch darauf, dass sie sich nicht verbraucht. Die Dinge mit einer gebotenen Zurückhaltung zu betrachten, anderen Menschen mit einer professionellen Distanz zu begegnen, lässt die Mutter zweier pubertierender Töchter bisweilen unnahbar erscheinen.
„Nicht die fröhliche Tante“ zu sein, die „mit allen auf Du und Du“ ist, gilt als Erfolgsrezept für ihre beispiellose Karriere und zieht auf privat einen Schutzwall um Ludowig selbst und ihre Familie. Neben Ehemann Kai Röffen, Geschäftsführer und Partner der Werberei „Thjnk“ in Düsseldorfer, sind das die Kinder Nele und Nika. Denen will sie vermitteln, was sie selbst stark gemacht hat: nie wankelmütig sein, nicht gleich klein beigeben, auch mal was aushalten. Dabei war die junge Frauke alles andere als selbstbewusst, hielt sich gern im Hintergrund.
Schon in der Schule sei sie „keine Meinungsführerin und auch nicht besonders laut“ gewesen. Noch heute fällt es der Frau, die im Job praktisch keine Berühmtheit ausgelassen hat, mitunter schwer, sich vor einer Gruppe zu produzieren. „Ich stehe lieber vor 5.000 fremden Menschen auf der Bühne als vor einem kleinen Kreis von Leuten, die mich kennen – da bin ich nach wie vor eher schüchtern und gehemmt.“ Erst mit dem Mikro in der Hand wird sie sicherer, dann kann sie ihr Handwerk, ihre Erfahrung ausspielen. Wenn’s ganz arg wird, ist ja die Familie da.
Keine ,Bling-bling‘-Frau
Neben Ludowigs eigener auch ihr Bruder und ihre Eltern, die eine Fleischerei betreiben: „Ich bin so dankbar, beide noch zu haben!“ Damals schon, als sie noch in die Banklehre ging, hat die junge Frauke „jeden Samstag bei uns im Laden gestanden und Mettwürste verkauft“. Aus dem elterlichen Betrieb kommen bis heute „Care“-Pakete nach Köln. Es müssen Erlebnisse und Gewohnheiten wie diese sein, die Ludowig auf dem Weg hoch bis zum Karriere-Gipfel nie haben abheben lassen. „Ich bin keine ,Bling-bling’-Frau, trage auch kaum Schmuck.“
Und sie genießt es auch, ungeschminkt herumzulaufen, bevor es dann für die Sendung in die Maske geht. Sich privat zu zeigen und zu geben, ist Ludowig wahnsinnig wichtig. Erstaunlich für eine, die sich täglich mit echten und selbsternannten Prominenten abgeben muss. „Muss“, weil es für Ludowig nie eine echte Herzenssache war, sich den Schönen und Reichen dieser Welt zu widmen. „Ich hatte überhaupt keine Promi-Affinität!“ In ihrem Jugendzimmer hätten weder „Bravo“-Starschnitte an der Wand gehangen noch habe sie für jemanden geschwärmt.
Zu dem Genre kam Ludowig „so ein bisschen wie die Jungrau zum Kinde, es ging bei RTL eher damals darum, einen freien ,Time-Slot’ zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr zu füllen. Wenn wir eine andere Idee statt Promis gehabt hätten, dann wäre es eben das geworden“. Man nimmt es Ludowig ab. Wie alle öffentlichen Personen ist sie auf ihre Außenwirkung bedacht. Aber sie geriert sich dabei angenehm natürlich, weder überkandidelt noch blasiert. Allein, ihre für den Job beste Eigenschaft ist zugleich ihre größte Schwäche: diese unglaubliche Neugier!
Genaue Zuhörerin
Ludowig gibt sich in einem Gespräch nicht mit oberflächlichen Details zufrieden, hört genau hin und gut zu, fragt gezielt nach – für Außenstehende (und vor allem Betroffene) bisweilen kaum auszuhalten und nahe an der Skopophilie. „Meine Kinder finden das manchmal nicht lustig, und auch mein Mann nicht“, erklärt sie und fügt fast entschuldigend hinzu, Neugierde bedeute doch Lebensfreude. Man mag sich die Situation am Tisch zu Hause vorstellen, wenn Gäste oder die ersten Freunde der Töchter die Inquisition der wissbegierigen Frauke erleiden.
„Wer sagt, ich sei aber echt neugierig, der hat total recht“, lacht Ludowig, „dazu stehe ich.“ Außerdem erzählten ihr doch viele Menschen die eigene Lebensgeschichte oder ganz private Dinge oft ungefragt. Das sei eben so, und sie habe ein gutes Gespür dafür, was sie für sich behalten müsse und was sie weitergeben dürfe – „so wie ich auch ein sicheres Gefühl dafür habe, welche Themen in der Sendung funktionieren und welche möglicherweise nicht“. Die Ludowig kann Geheimnisse bewahren, sie ist loyal und sie ist treu wie Gold.
Erst recht sich selbst gegenüber. „Ich glaube schon, dass man auch in meinem Metier absolut authentisch bleiben kann. Natürlich übernehme ich eine Rolle, wenn ich vor die Kamera trete. Aber ich spiele dann nicht die Moderatorin, ich bin in diesem Moment die Moderatorin.“ Es ist dennoch zu beobachten, dass sich Frauke Ludowig nach Möglichkeit nicht positioniert – ganz gleich, wie schlimm sie einen Promi, wie schrecklich sie einen Beitrag findet. Dann ist es allenfalls eine Nuance in ihrer Mimik, die ihre persönliche Auffassung verrät.
Gewiss will sie es sich mit den Protagonisten ihrer Sendung nicht verscherzen, man sieht sich schließlich immer zweimal, meist häufiger. Aber Ludowig treibt der Anspruch, eine Sendung mit Substanz abzuliefern. Tatsächlich vermag sie es, im Kern belangloser Sozialpornografie eine Bedeutung und Seriosität zu verleihen. Harte Nachrichten zu produzieren, sei einfacher als sich in journalistisch seichten Gewässern zu bewegen, hat Ludowig einmal gesagt. „Unser Metier wird oft unterschätzt und belächelt, mein Ziel lautet deshalb, Relevanz zu schaffen.“
Der Erfolg trug ihr manchen Abwerbeversuch ein – vergebens: „Es gab immer Angebote, aber es war für mich keines je eine Verlockung“, kommentiert sie. Natürlich habe sie manches Mal abgewogen, sei aber letztlich doch bei RTL geblieben, „und im Rückblick kann ich nur sagen, dass ich das total richtig gemacht habe“. Zweimal spielte ihr das Schicksal freundlich mit. Es waren Momente, in denen Ludowig für sich dringend eine Auszeit erbat. Modern würde man wohl vom Burn-out sprechen. Beide Male wurde sie dann schwanger. Glück ist Geschick.
,,Extension-Frauke“
Nach wenigen Monaten zu Hause ging’s jeweils zurück in den Sender. „Ich hatte nach beiden Geburten das Bedürfnis weiterzumachen.“ Es brachte ihr manchen Empörungsruf ein, warum sie als Mutter zweier Kinder weiter Vollzeit arbeiten müsse. „Mich hat diese Branche immer fasziniert, zumal sie auch immer neue Anreize bietet. Ich bin heute ein riesiger Social-Media-Fan und nutze die sozialen Netzwerke natürlich auch intensiv beruflich.“
Abgesehen davon hat die Marke „Exclusiv“ offenbar auch nach gut einem Vierteljahrhundert noch Potenzial. Etwa da, wo sie auf anderen RTL-Formaten aufsetzt, sie „verlängert“ – von Specials zu „Let’s Dance“ bis zu den „Bachelorette“-Talks. Wenn eine Barbara Schöneberger mit Blick auf ihre vielen Gala-Moderationen von sich sagt, sie sei die „Award-Babsi“, dann ist Ludowig die „Extension-Frauke“. Da wird bald bestimmt noch mehr kommen.