Streitformat „Kontrovers“: Kein Ermittlungsverfahren gegen Deutschlandfunk

Ein Hörer-Beitrag für „Kontrovers“ brachte dem Deutschlandfunk eine Strafanzeige ein. Sie richtete sich gegen „redaktionell verantwortliche Mitarbeiter“, darunter Christoph Heinemann. Wie „Clap“ exklusiv erfuhr, werden die Behörden aufgrund des fehlenden Anfangsverdachts jedoch keine Ermittlungen aufnehmen. Als Mitglied der Redaktion „Zeitfunk“ bleibt Heinemann angezählt, offenbar hat der Sender ein „Maulwurf“-Problem.

In der Ausgabe seines Streitformats „Kontrovers“ wollte der Deutschlandfunk Ende August wissen, wie der Ukraine-Krieg beendet werden könne. Hörer konnten sich per Telefonanruf live zuschalten lassen, ihre Beiträge aber auch elektronisch und als vorab ausgezeichnete Bandansage übermitteln. Dies tat ein „Herr Fischer  aus Bremerhaven“, der wörtlich sagte: „Indem man Selenskyi und seine Verbrecherbande, seine Völkermordbande, festnimmt, ihn lebendig vierteilt und enthauptet.“ Daraufhin stellte Patrick Heinemann, Rechtsanwalt in der Freiburger Kanzlei Bender, Harrer, Krevet, Strafanzeigen sowohl gegen den Hörer als auch gegen „redaktionell verantwortliche Personen beim Deutschlandfunk“.

Heinemann warf dem Sender vor, erwähnte Wortmeldung ohne redaktionelle Einordnung gesendet zu haben. „Ob und inwieweit der Sachverhalt eine Strafbarkeit (…) begründet, müssen die Strafverfolgungsbehörden beurteilen“, so der Jurist. Nach Informationen von „Clap“ liegt die Sache nun bei der Staatsanwaltschaft Bremen zur rechtlichen Prüfung vor. Dies bestätigt Sprecher Frank Passade auf Nachfrage: „Gegenstand des Verfahrens ist der Tatvorwurf des § 140 Abs. 2 Strafgesetzbuch.“ Das mit dem Aktenzeichen 220 Js 600119/23 geführte Verfahren richte sich gegen eine Person, die bisher nur unter dem Namen „Fischer“ bekannt sei. Die Ermittlungen dauerten an.

Im Falle des Deutschlandfunk mit Sitz in Köln sei dies aber anders: „Es ist so, dass eine Staatsanwaltschaft nur dann Ermittlungen aufnehmen darf, wenn der Anfangsverdacht einer Straftat gegeben ist“, erklärt Passade und betont: „Dies ist hinsichtlich etwaiger Mitarbeiter des Deutschlandfunk ausdrücklich nicht der Fall.“ Mit anderen Worten: Gegen die Redaktion wird nicht weiter ermittelt, die Sache ist vom Tisch. Dafür kämpft der Deutschlandfunk jetzt an einer anderen Front.

In einem Beitrag hatte die Redaktion von Übermedien dem Sender vorgehalten, einen aus ihrer Sicht zu breiten „Meinungskorridor“ zuzulassen. Übermedien verweist auf X-Wortmeldungen, die Deutschlandfunk-Mitarbeiter Christoph Heinemann, Redakteur und Moderator des Programmbereichs „Zeitfunk“, in von ihm jüngst zum Nahost-Konflikt geführten Interviews „rechte und populistische Parolen“ unterstellen. Übermedien-Autorin Lisa Kräher selbst vertrat die Einschätzung, „einige seiner Aussagen waren antimuslimisch und rassistisch“. Zum Beleg verwies sie auf kritische Nachfragen Heinemanns gegenüber seinen Gesprächspartnern aus der Politik.

Tatsächlich waren Heinemanns Äußerungen spitz, aber eindeutig als Positionen anderer und nicht als seine eigenen zu verstehen. Er formulierte die Wahrnehmung eines Teils der Bevölkerung und brachte damit das gesamte Meinungsspektrum in die Debatte ein. Weit schwerer wiegt, dass Übermedien offenbar mit Interna aus dem Deutschlandfunk versorgt wurde. Autorin Kräher hört, „dass dort teilweise großer Unmut über die On-Air-Aussagen Heinemanns herrsche“ und er nach Meinung einiger Kollegen „dem Ansehen des Senders geschadet“ habe. Auch sei eine Feedback- und Kritikkultur kaum vorhanden, zitiert Kräher interne Quellen. Namen nennt sie nicht. Es bleibt bei Behauptungen.

Das Deutschlandfunk-Format „Kontrovers“ wird so im Internet angekündigt.

Txt: Bijan Peymani

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