Wo ist Stefan Kastenmüller?

Bei der vergangenen Medientage München-Veranstaltung waren sie die heimlichen Stars – die Potagonisten aus der Sesamstraße. Bei der „Nacht der Medien“ liefen sie als übergroße Plüschfiguren herum, viele Gäste ließen sich gerne mit ihnen ablichten. Wer aber nicht zu sehen gewesen ist war der Mann, der hierzulande auch für Ernie, Bert, Grobi und das Krümelmonster bekannt ist: Stefan Kastenmüller, der bei der Non-Profit-Organisation Sesame Workshop der General Manager ist. Oder müsste man sagen Ex-General-Manager? 

Das kann man zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit behaupten. Fakt aber ist, dass er in der Münchner Türkenstraße, wo der Sesame Workshop sein Büro hat, schon länger nicht mehr gesichtet worden ist. Sein letzter öffentlicher Auftritt war ein Golf-Turnier mit vielen bekannten Gästen, welches er selber organisierte. Seither herrscht eigentlich Funkstille, auf Anfragen reagiert der Sesame Workshop nicht. Und eine PR-Agentur, die unter anderem für den Sesame Workshop arbeitet, will zum Thema nichts kommentieren. Ist Kastenmüller also raus bei Sesame? Diese Vermutung liegt nach den bisherigen Beobachtungen nahe.

Clap hatte vor einigen Monaten noch mit Kastenmüller ein Interview im gedruckten Clap Magazin. Einen Auszug lesen Sie hier:

Ganz schön viel los in der TV-Branche. Vor kurzem hat es in nur einer Woche gleich drei prominente Personalien aus dem oberen Management gegeben. Sind Sie ganz froh, derzeit bei einer gemeinnützigen Organisation zu arbeiten?

Kastenmüller: Ach, ich glaube nicht, dass die Verweildauer in einem Medienunternehmen damit zu tun hat, ob man gerade in einer Non-Profit-Organisation arbeitet oder nicht. Aber es ist richtig, dass die Mitarbeiter, die bei Sesame Workshop arbeiten in der Tat sehr lange dabei sind. Es ist auch schon vorgekommen, dass wir ein 40-Jahre-Jubiläum eines Mitarbeiters feiern durften. Seit 1969 gibt es nämlich schon den Sesame Workshop in den USA. Und ich bin seit fast drei Jahren dabei.

Zur Person Stefan Kastenmüller: Sie gehören zu den erfahrenen Medienmanagern, die man einfach kennt. Sie waren in Ihrer Karriere bei vielen namhaften Medienunternehmen und haben fast 30 Jahre Berufserfahrung. Sie verfolgen hier angeblich eine langfristige strategische Vision. Ist das ihre letzte berufliche Station?

Kastenmüller: Bei den meisten Unternehmen war ich nicht nur mal eben ganz kurz. Bei Disney war ich über sechs Jahre, sieben Jahre bei WWE oder vier Jahre mit den argonauten. Zur langfristigen Strategie: Die Sesamstraße gibt es in Deutschland seit 1973. Die Marke hat eine enorme Bedeutung und eine sehr positive Positionierung. Es war einfach an der Zeit, ein Büro in Europa aufzubauen. Und da ist natürlich die Strategie langfristig.

Wie lautet diese?

Kastenmüller: Es wird grundsätzlich mehrere Phasen geben. Zunächst konzentrieren wir uns auf das Kerngeschäft, auf Koproduktionen, wie mit dem NDR beispielsweise, oder auch Produktionen mit anderen Partnern, etwa in England, einem wichtigen Markt. Dann wollen wir uns Wertschöpfungsketten weiter erschließen, wie Consumer Products und Themenparks. Im nächsten Schritt konzentrieren wir uns auf die Ausweitung der Arbeit, die unsere Non Profit Arbeit bündelt. Das ist das, was ich voranbringen will.

Es gibt wohl derzeit ein interessantes Projekt in der Ukraine, unter dem Namen „Welcome Sesame“, bei dem es unter anderem um Workshops in Krisenregionen geht. Da sind Sie auch involviert?

Kastenmüller: Ganz grundsätzlich ist die Mission vom Sesame Workshop, Kindern zu helfen, dass sie stärker und schlauer und mit mehr sozialer Kompetenz aufwachsen können. Wir haben 2016 angefangen, immer mehr in Flüchtlings- und Krisenregionen zu unternehmen. In Bangladesch, in Südafrika, in Syrien. Wir möchten gerade dort Bildungsinhalte mit unseren Puppen vermitteln. Für die Hilfe im Ukraine-Krieg wurden nun einige Mittel freigemacht, um diese Kernkompetenz von Sesame Workshop vor Ort anzuschieben. Wir haben ebenfalls sehr viele Investitionen getätigt in Programme für die Preschool-Zielgruppe.

Wie sieht die Hilfe konkret aus?

Kastenmüller: Im Prinzip ist es so, dass wir 140 animierte Videoclips produziert haben, die besonders auf die Bedürfnisse und Erfahrungen von Krisen betroffener Menschen eingehen, alles mit ukrainischem Voice Over. Mit diesen Clips werden Kinder auf spielerische Weise an frühes Lernen herangeführt und die Bedürfnisse der Kinder thematisiert. In Deutschland sind einige Inhalte in der ARD-Mediathek abrufbar. Im Land selbst haben wir seit März dieses Jahres eine Partnerschaft mit der Mediengruppe 1+1, dem Sender PlusPlus, und zeigen dort diese Produktionen.

Sie wollen Kinder also mit unterhaltsamen Programmen vom Krieg etwas ablenken?

Kastenmüller: Mit den Clips werden die Kinder und Familien unterstützt, ihre Resilienz zu stärken, ihr Selbstvertrauen zu erhalten und auch die durch den Krieg unterbrochenen Bildungspfade nicht gänzlich zu verlassen. Das wird auch von einer Initiative für psychische Gesundheit der First Lady, Olena Zelenska, begleitet. Bei Sesame Workshop wird diese Initiative von einer eigenen Taskforce aus dem Headquarter in New York gesteuert wird. Wir haben regelmäßige Meetings, wo wir uns beispielsweise über die aktuelle Flüchtlingssituation in Europa austauschen.

Eine andere Sache, die direkt aus Deutschland heraus gesteuert wird, ist ihr kommendes Sesame-Workshop-Charity-Golf-Turnier, welches Sie persönlich initiiert haben. Sind Sie eigentlich selbst begeisterter Golfspieler?

Kastenmüller: Also es ist tatsächlich so, dass ich zum Golfen kam über eine Kinder Golf-Serie, die ich bei Disney/Jetix ins Leben gerufen habe.. Für unser Turnier haben wir Sponsoren und Partner gefunden, die uns unterstützen. Dieses Mal kommen alle Erlöse der Philipp Lahm-Stiftung und dem Sesame Workshop zugute. Wir verfolgen die selben Werte: Diversität, Bewegung und gesunde Ernährung, Inklusion und Gleichheit.

Foto: Alexander von Spreti