Das Projekt von Matthias Pfeffer, unter dem Projektnamen Delphi eine Informationsplattform für alle europäischen Bürger zu etablieren, macht weiter Fortschritte. Bereits im kürzlich veröffentlichten Clap-Print-Magazin berichteten wir davon, was in seinem European Council for Public Space gerade vor sich geht. Da sich die Dinge weiter dynamisch entwickeln, baten wir Pfeffer um ein Update zum Stand der Dinge in einem Interview.
Sind Sie derzeit viel in Brüssel, bei Parteien oder Sendern unterwegs, um für ihr Projekt um Unterstützung zu werben. Stoßen sie da bei vielen Politikern auf offene Ohren?
Pfeffer: Ja, aber wir haben schon vor zwei Jahren begonnen, ein Netzwerk aufzubauen. Und zum Glück lässt sich heute vieles digital erledigen.
Ich habe den Eindruck, dass die Erfahrungen mit den derzeitigen „sozialen Medien“ im Europa-Wahlkampf den neu gewählten Parlamentariern noch frisch in den Knochen stecken. Deshalb spüre ich eine große Offenheit für unsere Vorschläge. Wir haben bereits Unterstützer aus drei Fraktionen für unsere Idee einer Intergroup, also eines Unterausschusses im EU-Parlament für den europäischen öffentlichen Raum gefunden.
TV-Sender Arte will sein Mediatheks-Angebot auf weitere EU-Länder ausdehnen, teilte vor kurzem die Vizepräsidentin des Vorstands der Arte-Zentrale, Heike Hempel, mit. Der deutsch-französische Sender wolle „eine umfassende Plattform schaffen“. Ist das jetzt Konkurrenz oder die Möglichkeit einer Zusammenarbeit? Wie könnte diese konkret aussehen?
Pfeffer: Ich meine es ehrlich, wenn ich diese Pläne mit dem sprichwörtlichen ‚Konkurrenz belebt das Geschäft‘ kommentiere. Ich glaube, dass Arte als derzeit einziger transnationaler Sender eine Schlüsselrolle beim Aufbau einer vertrauenswürdigen europäischen Öffentlichkeit zukommt. Die Plattform, für die wir parallel werben, würde dagegen nicht nur zwei Mitgliedsländern gehören, sondern von einer neuen regierungsfernen Institution betrieben und Inhalte aller Europäischer Sender zugänglich machen. Wir wollen keine einzige Minute Nachrichten neu produzieren, sondern nur das auf einer Plattform zugänglich machen, was ohnehin in Europa existiert. Damit würde sich auf einen Schlag die Angebotsvielfalt erhöhen, ohne dass ein zentraler „Europafunk“ entstehen würde. Jeder Vorwurf eines regierungsnahen europäischen PR-Senders geht daher bei unserem Projekt ins Leere.
Wie viele neue Sprachen hinzukommen und wie viele Inhalte daran angepasst werden, hänge von EU-Geldern ab, teilte Arte außerdem mit. Wie sieht es bei Ihnen mit den Finanzen aus? Müssen sie sich gerade um einen neuen Etat bewerben?
Pfeffer: Wir haben bereits eine Förderlinie für das zivilgesellschaftliche Medienkonsortium Display Europe. Die Zusage für ein weiteres Jahr Förderung haben wir gerade erhalten. Zudem haben wir uns auf eine neue Ausschreibung zu einem ähnlichen Pilotprojekt beworben. Dabei kooperieren wir auch mit Arte, sowie mit dem belgischen Sender RTBF, mit RTV Slovenia und Alexander Kluges DCTP. Eine cross-sektorale Partnerschaft von öffentlich-rechtlichen und privaten Medien also. Insgesamt ist es enorm wichtig, dass Parlament und Kommission öffentliche Mittel für europäische Infrastrukturmaßnahmen für den öffentlichen Raum bereitstellen. Schließlich geht es hier um die Sicherung des Grundrechts auf freien Zugang zu vertrauenswürdigen Informationen „ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen“, wie es in Artikel 11 der Europäischen Grundrechtscharta heißt. Es geht um Daseinsvorsorge für die Demokratie.
Von welchen Fortschritten können Sie gerade berichten? Wo gibt es Probleme?
Pfeffer: Wir versuchen, bei Display Europe alle Inhalte der Medienpartner in 15 Sprachen zu übersetzen und sehen, dass wir dabei etwa auf Google Translate und DeepL angewiesen sind. Langfristig muss Europa beim Thema Übersetzung in eigene Software investieren. Denn die Übersetzung ist, wie Umberto Eco sagte, die Sprache Europas. In verlässlichen und transparenten Übersetzungs-, wie auch Such- und Empfehlungstools liegt ein Schlüssel für die digitale Souveränität Europas. Und für das bessere wechselseitige Verständnis und das Zusammenwachsen auf unserem Kontinent.
Mit welchem Team gehen Sie das Projekt eigentlich an? Wer arbeitet für Sie?
Pfeffer: Wie arbeiten beim CfEPS stark in Netzwerken, das zeichnet auch die Konsortien aus, die wir versuchen zusammenzustellen. Das entspricht übrigens auch unserem technologischen Ansatz, alle Infrastruktur auf einer dezentralen Fediverse-Architektur und mit Open-Source zu entwickeln. Deshalb kommen wir derzeit mit drei Mitarbeitern und zusätzlichen Teilzeitkräften aus. Wir wollen keine große Struktur aufbauen, sondern mit einem kleinen, wendigen Schnellboot besser vorankommen. Unbewegliche Tanker gibt es schon genug.
Interview: dh
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