ADAC-Mann Kunz mit Roman-Debüt: „Ich bin kein Aktivist“

„ADAC Motorwelt“-Chefredakteur Martin Kunz hat in seiner Karriere als Journalist schon alles mögliche gemacht. Er hat als Radiomoderator gearbeitet und verschiedenste Fernsehprojekte begleitet sowie Print-Magazine und Social Media-Channels geleitet. Aber einen Roman hatte er noch nicht geschrieben. Das hat er nun nachgeholt. Und dieses Erstlingswerk in diesem Metier ist so viel anders, als man es erwarten konnte von einem ausgemachten Autoexperten. Auch die Aufmachung (oben zu sehen) von „Verdammt viel Glück: Eine bittersüße Liebesgeschichte in stürmischen Zeiten“ überrascht. Und weil wir Kunz in der letzten Woche bei Burdas DLD zufällig trafen, haben wir nochmal genauer gefragt, was es mit seinem Roman auf sich hat.

Ein Ratgeber-Buch haben Sie ja schon einmal geschrieben. Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen, erstmals einen Roman zu schreiben? Ihre Welt ist ja eigentlich das Thema Mobilität.

Kunz: Spannende Geschichten, das ist mein Metier – egal ob sie auf der Straße stattfinden, in einem Forschungslabor oder auf einem Schiff in der Ägäis, wie in meinem Roman. Dort beginnt die Lovestory zwischen einem jungen deutschen Pazifisten und einer sehr kämpferischen Studentin aus Haifa. Ich war häufiger in Israel, einem Land, mit dem uns so viel verbindet und das doch so anders ist.  Ich versuche, die historischen Tragödien, die religiösen und ganz aktuellen weltanschaulichen Reibungsflächen über eine prickelnde Liebesbeziehung zu beschreiben. Magnus und Shamouti sind typische Vertreter der Generation Z, sie sind maximal verschieden, keine Dating-App würde sie zusammenführen, aber etwas Magisches hält sie zusammen. Darum geht es in meinem Roman.

Gab es Herausforderungen beim Schreiben eines Romans im Vergleich zu Ihrer journalistischen Arbeit?

Kunz: Es ist verführerisch drauflosschreiben zu können, ohne auf die Zahl der Anschläge oder die begrenzte Zeilenzahl achten zu müssen. Das Aufregende am Romanschreiben ist es, reale Personen und Gegebenheiten mit fiktionalen Typen, Geschehnissen und Bildern verbinden zu können. Man schafft eine Roman-Welt, eine Utopie mit ganz neuen Zusammenhängen, in die man Leserinnen und Leser entführen möchte.

Was hat Sie dazu inspiriert, „Verdammt viel Glück“ zu schreiben? Gibt es persönliche Erlebnisse oder Erfahrungen, die in den Roman eingeflossen sind?

Kunz: Ich habe angefangen, diese Story in den Laptop zu hacken, als ich in der Süddeutschen las, dass in einem Garmisch-Werbeprospekt für arabische Touristen das Gipfelkreuz der Zugspitze entfernt oder retuschiert wurde. Das fand ich eine interessante Form kultureller Anpassung, die irgendwie typisch deutsch ist. Ich habe mir dann vorgestellt, diesen Prospekt mit den Augen und dem Gewissen einer israelischen Touristin zu sehen. Sie wäre sicherlich irritiert: Das ist doch der Gipfel! Die restlichen 235 Seiten des Romans waren dann der reinste literarische Flow.

Welche Botschaft möchten Sie mit Ihrem Buch vermitteln?

Kunz: Ich bin kein Aktivist, nur Journalist. Ich möchte die Leser mit auf eine erbauliche, unterhaltsame Reise nehmen. Magnus und Shamouti machen mitunter kuriose Erfahrungen und natürlich auch ganz bittere. Das Entsetzen, wenn man auf dem Unterarm der Sitznachbarin im Flugzeug eine eintätowierte KZ-Nummer entdeckt: Eine leibhaftige Holocaust-Überlebende auf Sitzplatz 23b! Darauf ist der deutsche Chemiestudent Magnus nun wirklich nicht vorbereitet gewesen.

Gibt es bestimmte Themen oder Werte, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Kunz: Wir spüren doch gerade alle, dass viele Maximen und moralische Konstanten seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und dem Hamas-Massaker in Frage gestellt werden: Ist Pazifismus noch zeitgemäß? Man gewinnt den Eindruck, dass die kategorische, selbstverständliche Kriegsablehnung, mit der wir aufgewachsen sind, nun von Populisten gekapert wird! Um solche Werteverschiebungen geht es auch in „Verdammt viel Glück“.

Gibt es Parallelen zwischen der Gestaltung eines Magazins und dem Aufbau eines Romans?

Kunz: Es muss von der ersten bis zur letzten Zeile das reinste Lesevergnügen sein. Ein heißer Spannungsbogen, der erste Satz und der erste Absatz sind immer enorm wichtig! Ich habe immer ein gutes Textgefühl, wenn das Vorlesen Spaß macht – das gilt für eine Reise-Reportage, ein Forschungs-Feature und auch für einen Roman.

Der Titel klingt interessant – was bedeutet Glück für Sie persönlich, und wie spiegelt sich das im Buch wider?

Kunz: Ich bin ein typisches Sonntagskind und bleibe glühender Optimist, auch wenn sich offensichtlich Kleptokraten, Despoten und sonstige Unmenschen gerade global im Aufwind befinden. Meine Protagonisten im Roman stellen irgendwann fest, dass es rein statistisch an ein Wunder grenzt, dass sie sich kennenlernten. Da war offenbar eine Riesenportion Glück im Spiel.

Interview: dh

Foto: Privat