„Beidl, der“ ist eine umgangssprachliche Beschreibung für einen Beutel. Oder aber auch für das männliche Geschlechtsteil. Auf österreichisch. Geadelt durch den Nationalratsabgeordneten (entspricht einem Mitglied des Deutschen Bundestages) Wolfgang Zanger von der FPÖ, also der Freiheitlichen Partei Österreichs, der im Parlament Gewerkschaftsvertreter der Sozialdemokratischen Partei mit diesem Ausdruck bedacht hatte. Und er meinte bestimmt nicht Beutel. Soviel zu den umgangssprachlichen Gepflogenheiten in den lichten Höhen der österreichischen Politik.
Nun begab es sich aber, dass sich jüngst das hoch investigative Qualitätsmedium www.Exxpress.at mit seinem Chefredakteur Richard Schmitt (ex Online Chef der Kronen Zeitung) anschickte mittels Veröffentlichung des auf undurchsichtigen Wegen – ja die gibt’s in Österreich häufiger – zu ihnen gelangten vollständigen Ibiza Affäre Videos dem geschassten und mittlerweile aus der FPÖ ausgeschlossenen Ex-Vizekanzler Heinz Christian Strache beizuspringen.
Man erinnere sich, auf Grund der Ibiza Affäre ist 2019 die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ zerbrochen. Das Video, nunmehr für jeden einzusehen, enthält zwar nichts wesentlich Neues – dient also nicht wirklich der Wahrheitsfindung, um Fritz Teufel zu zitieren, außer, dass viel gehustet und ständig an der Nase herumgerieben wird. Ein Schelm der Böses dabei denkt. Es lässt Strache und seinen mittlerweile abgetauchten Adlatus Johann Gudenus halt ein bissel blöd aussehen. Aber das ist einem in Österreich grundsätzlich eh Wurscht.
So weit so ungustiös. Dumm nur, dass eben genau zur selben Zeit #Beidlgate ins Spiel kam. Ein Chat Verlauf zwischen Kanzler Kurz, Finanzminister Blümel und ÖBAG (Beteiligungsgesellschaft des Bundes) Generaldirektor Schmid wurde offensichtlich geleakt. Man versichert sich mit Bussi Emojis der gegenseitigen Zuneigung. Gar von Liebe ist die Schreibe und dann tauchen angeblich in der Twitterwelt sogenannte Dick Pics (also Beidl-Fotos) auf. Blöd gelaufen. Und es geht nicht darum irgendwen zu outen, aber es geht die Öffentlichkeit schon etwas an, wenn der Operettenstaat Österreich auf offenere Bühne zur Lachnummer verkommt.
Für Strache ist‘s halt blöd gelaufen, weil der Versuch seiner Rehabilitierung („woar eh ois halb so wüd“) durch exxpress.at hat halt nur semi-effektiv funktioniert. Da gehen Kanzler Kurz und die Beidln nun mal vor. Tu Felix Austria tu halt ein bissel mehr aufpassen beim Posten und beim Oligarchinnen treffen.
Andreas Weinek ist gebürtiger Österreicher und war jahrelang in den obersten TV-Etagen zu Hause, unter anderem bei A&E und Servus TV. Für Clap kommentiert er regelmäßig das Geschehen in der Kommunikationsbranche.
Foto: Alexander von Spreti