Regierungssprecher-Amt: Folgt auf Seibert eine Frau?

Gestern Spanien, heute Belgien, morgen Türkei: An der Seite von Angela Merkel befindet sich Steffen Seibert derzeit auf Abschiedstournee. Mit der Ära der Bundeskanzlerin endet auch die des am längsten amtierenden Sprechers einer deutschen Regierung. Wer immer Seibert nachfolgt, es könnte – erstmals in der Geschichte der Republik – eine Frau werden.

Nach ihrem vergleichsweise guten Abschneiden bei der Bundestagswahl sind SPD, Grüne und FDP verliebt in die Macht – und damit ins Gelingen, in einem Dreier-Bündnis die neue Regierung zu stellen. Die Sondierungen der sogenannten „Ampel“-Koalition werden wohl an diesem Wochenende in die heiße Phase gehen. Bis zum fertigen Koalitionsvertrag und der Vereidigung von Kanzler und Ministern dürfte es aber selbst dann noch einige Wochen dauern. Bis dahin bleibt die amtierende Regierung geschäftsführend im Amt.

Am 22. November 2005 hatte Angela Merkel (CDU) vor dem Bundestag ihren Amtseid als Kanzlerin abgelegt. Wenn sie nach 16 Jahren endgültig abtritt, markiert das auch das Ende der Ära Steffen Seibert. Angeblich durch die Empfehlung seines früheren Mitschülers und heutigen Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo für diesen Job ins Blickfeld geraten, ist Seibert seit August 2010 (und damit länger als alle seine Vorgänger) Regierungssprecher und Chef des Bundespresseamts. Zunächst parteilos, ist auch er heute CDU-Mitglied.

Nicht nur deshalb, sondern vor allem durch sein Junktim mit Angela Merkel ist Seibert für die mutmaßliche „Ampel“ keine Option. Das Bundespresseamt will sich weder zu Seiberts Nachfolge noch der Zukunft des einstigen ZDF-Achorman äußern. Auf Anfrage von „Clap“ sagt ein Sprecher, als Staatssekretär und politischer Beamter könne Seibert „grundsätzlich jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden“. Man werde sich aber „nicht an Mutmaßungen über die Abläufe nach Bildung einer neuen Bundesregierung beteiligen“.

Sollte der amtierende Vize-Kanzler Olaf Scholz in einer SPD-geführten Regierung Angela Merkel tatsächlich im Amt nachfolgen, wird er sich neuen Personals bedienen. Der ohne Zweifel härteste PR-Job des Landes wird erstmals an eine Frau fallen. Jedenfalls, wenn sich Scholz dem öffentlichen Erwartungsdruck beugt. Dabei muss es nicht zwingend eine Journalistin sein. Im Gespräch mit der „Schwarzkopf Foundation“ Ende Mai dieses Jahres hatte Seibert betont, wie sehr ihm sein erlerntes Knowhow im neuen Metier half.

Zugleich bekannte er, sich manchmal gewünscht zu haben, zusätzlich „tiefere juristische Kenntnisse“ zu besitzen. Und so könnte seine Nachfolgerin genau aus diesem Gebiet kommen. Dafür sprechen würde, dass auch Olaf Scholz Jurist ist. Bis zu seiner Wahl in den Bundestag 1998 war er Fachanwalt für Arbeitsrecht. Bis heute ist er Partner der Kanzlei Zimmermann, Scholz und Partner in Hamburg. Als Kanzler wird der 63-Jährige auf eine PR-Kraft setzen wollen, die tickt wie er: kühl, sachlich und nie richtig zu greifen. Ganz ähnlich agierte Angela Merkel.

Ihr hatte sich Vollblutjournalist Seibert in seiner Funktion ganz offenkundig angepasst: „Ich musste mir klar machen, was meine Rolle ist“, bekannte er in oben erwähntem Gespräch. Er habe sich „immer daran erinnern müssen, dass es nicht um Steffen Seibert und darum geht, wie er die Welt sieht“. Vor allem Angela Merkel mit ihrem eigenen Erfahrungshorizont habe ihm anfangs geholfen, sagt Seibert. Merkel war 1990 selbst für einige Monate Vize-Regierungssprecherin der ersten – und letzten – freigewählten Regierung der DDR.

Text: Bijan Peymani

Foto: Bundesregierung