Das neue Clap-Magazin ist bei den Abonnenten. Neben dem großen Titelportrait mit der neuen MDR-Chefredakteurin Julia Krittian gibt es im neuen Heft ein ausführliches Exklusiv-Interview mit Sat.1-Chefredakteurin Juliane Eßling, die wir in Unterföhring trafen. Dort wird ja bekanntlich am New Campus viel gebaut, schon bald geht es aber dort inhaltlich zur Sache im neuen ProSiebenSat.1-Newsroom. Einen Ausschnitt vom Intrevie lesen Sie hier, wer alles lesen will bestellt das Heft einfach unter clap@clap-club.de.
Wir leben in einer Zeit, die gefühlt von schlechten Nachrichten dominiert wird. Welche richtig gute haben Sie in den vergangenen Wochen bekommen?
Eßling: Die Relevanz von SAT.1 steigt. Mit unseren kurzfristigen Sondersendungen erreichen wir immer mehr Zuschauer:innen. Das erfreut mein Fernsehmacherin-Herz.
Zu ihrer Amtseinführung gab es einige deutliche Worte von Ihnen. Sie wünschen sich echten, kritischen und investigativen Journalismus. Töne, die man nicht so häufig hört wie früher. Wie viel guter Journalismus lässt sich im Privat-TV noch machen?
Eßling: Sehr viel. Ich finde, bei den aktuellen Nachrichtenlagen kann man sehr viel mehr machen als in den letzten Jahren. Es gibt ja fast so etwas wie eine Renaissance für ein Interesse an relevanten Themen. Die Menschen brauchen mehr Einordnung. Wir leben in einer Zeit, die sehr vielschichtig ist und es geht jetzt darum, ehrlichen und guten Journalismus zu machen. Dafür brenne ich total. Für Journalisten sind das gute Zeiten.
Würden Sie mir widersprechen wollen, wenn ich Sie als Erste Journalistin im Haus bezeichnen würde?
Eßling: Ich würde Ihnen nicht widersprechen, wenn sie mich als erste Journalistin für Sat.1 bezeichnen. Erster Journalist ist Sven Pietsch als Chefredakteur unserer Gruppe.
Was hat sie nach Ihrem Wechsel von Köln nach Unterföhring überrascht?
Eßling: Überrascht hat mich eine große Herzlichkeit und Verbindlichkeit, ein sehr großer Mut, Themen anzufassen. Entsprechend wohl fühle ich mich in dem Jahr seit dem ich hier bin. Gleichzeitig habe ich 14 sehr gute Jahre bei RTL verbracht und habe dort sehr viel gelernt.
In dem Jahr, in dem Sie hier sind, ist ja schon einiges passiert. Zuletzt gab es bei Flat White Productions Veränderungen. Nach dem Weggang von Geschäftsführer Mark Land haben Sie dessen Aufgaben übernommen. Das Unternehmen sitzt ja in Köln. Dadurch sind sie jetzt wieder öfter in der Rheinmetropole als ursprünglich gedacht?
Eßling: Das liegt ja in der Natur der Sache (lacht), weil ich momentan auch privat pendle zwischen Köln und München. Mein Job ist nicht auf eine Stadt konzentriert. Das funktioniert also ganz gut. Generell bin ich ein Mensch, der sich sehr schnell umstellen kann.
Das ist interessant zu hören, denn geplant ist ja bei Flat White die Mammutproduktion „Volles Haus!!“ für den Sat.1 Nachmittag mit drei Stunden Live-Fernsehen an jedem Werktag.
Eßling: Mammutproduktion kann ich unterschreiben.
Jasmin Wagner und Jochen Schropp werden die Moderation übernehmen. Sind denn nun eigentlich zwei Moderatoren-Duos geplant oder eher drei?
Eßling: Mit zwei Duos starten wir. Wir werden da nur nach Bedarf aufstocken. Das reicht auch, im Programm selbst werden sehr viele starke Gesichter zu sehen sein. Da bin ich ganz entspannt.
„Volles Haus!“ kommt ja anstelle einer Scipted Reality-Strecke. Wussten Sie schon, dass der Scipted Reality-Boom zu Ende geht, als sie nach Unterföhring gekommen sind?
Eßling: Nein, das wusste ich nicht. Das ist im Grunde sehr erfreulich, denn ich bin ein großer Fan von echtem Leben, echtem Fernsehen, echten Menschen. Ich glaube ganz grundsätzlich, dass es draußen viele gute und echte Geschichten gibt. Bei Scripted Reality wird im Sinne der Zerstreuung manchmal noch einer draufgesetzt. Dennoch ist es eine Art des Entertainments, die ich verstehen kann.
Vor welchen Herausforderungen stehen sie gerade bei „Volles Haus!“?
Eßling: Drei Stunden live sind eine lange Distanz. Entsprechend nehmen wir uns für die Konzeption viel Zeit. Da wird in der einzelnen Sendung nichts wiederholt, das ist ein Unterschied zum Sat.1-Frühstücksfernsehen. Wiederholungen werden wir bei der Nachmittagssendung nicht machen.
Eine Newsroom wird nebenan gerade hier in Unterföhring gebaut. Wie sehr fiebern sie diesem entgegen?
Eßling: Stark. Wir produzieren unsere Nachrichtensendungen ab Januar 2023 selbst. Da schlägt das Journalistinnen-Herz besonders hoch. Es formiert sich gerade eine neue Mannschaft. Und es stimmt uns optimistisch, wenn wir vieles demnächst selber machen können. Optisch wird sich das virtuelle Studio in der ersten Phase vom alten nicht unterscheiden. Im Oktober 2023 können wir dann auch aus unseren neuen Studios senden, die wir gerade in Unterföhring bauen. . Da wird alles neu. Ich habe viele Newsrooms gesehen in den letzten Jahren, aber hier werden nicht nur Schreibtische zusammengeschoben. Die Digitalkollegen sitzen dann direkt neben den TV-Kollegen, damit ein ständiger Austausch stattfindet. Wir haben dann die Chance jederzeit live zu gehen. Bislang mussten wir das bei unserem Auftragnehmer bestellen. Alles steht auf einer völlig neuen Basis, ab 1. Januar sind wir schneller.
Interview: dh
Foto: Alex von Spreti