Vor einem Jahr konnte man erstmals hören, dass der Sky-Eigentümer Comcast angeblich darüber nachdenken würde, Sky verkaufen zu wollen. Welches Sky – die ganze Gruppe, das „Kontinental-Europe Sky“, oder zum Beispiel nur Sky Deutschland – blieb unklar, ebenso das genaue warum und weshalb und wie das gehen sollte. Vor ein paar Wochen wurde das Gerücht immer lauter, und dass es tatsächlich darum gehen würde, „nur“ Sky Deutschland stünde zum Verkauf und dass es womöglich Käufer aus der Telko-Welt geben könnte.
Gestern Abend, also am 27. Oktober 2022, titelte Bloomberg mit „Comcast considers selling German Unit Sky Deutschland“. Demzufolge arbeitet Comcast mit einem Berater, und die tollste Zeile ist dass die „unit“ mit einer Milliarde Euro vom Hof gehen könnte. Damit kann man der Geschichte des Unternehmens nach Jahren der Stille wieder einmal ein besonderes Schmankerl hinzufügen, denn, zur Erinnerung – am 25.7. 2014 hatte das damalige BSkyB 57,4 Prozent der Anteile der Sky Deutschland AG für 3,7 Milliarden Euro erworben. Über den Daumen einfach gerechnet ist es also in den letzten acht Jahren gelungen, den Wert des Unternehmens von sechs Milliarden Euro und mehr auf ein Sechstel und weniger zu reduzieren. Und das in einem Zeitraum, in dem andere Player neu in den Wachstumsmarkt Deutschland stießen, und bestehende Wettbewerber munter vor sich hinwuchsen.
Es ist kein Geheimnis, dass mit dem Abgang des ehemaligen CEOs Brian Sullivan in 2015 das Unternehmen in Deutschland sukzessive nach London quasi verschifft, und damit auch gleich seine ganze lokale Kompetenz versenkt wurde. Begleitet wurde dies mit immer tollkühneren Wachstumsplänen, diktiert aus UK, und mit immer weniger werdenden Erfolgsmeldungen. Unterstützt wurde es durch Veränderungen im Produkt- und Programmangebot, die immer und wieder bewiesen, dass ein englischer Markt eben nicht so vergleichbar mit dem lokalen ist, wie es Pläne vorsahen, aber immerhin kann man heute seine Englischkenntnisse bei vielen Tennisübertragungen von Sky Deutschland üben, weil es gar keinen deutschen Kommentator mehr gibt.
Überhaupt, das Talent von Sky – darüber freut sich heute der WDR und die Sportschau mit Esther Sedlaczek, RTL mit Laura Wontorra und Anna Kraft, Eurosport mit Birgit Nössing, Pro7 mit Karolin Kandler, Sport 1 mit Ruth Hofmann, und selbst der unmittelbare Konkurrent Amazon erfreut sich an der Kompetenz des Sky-Urgesteins Sebastian Hellmann, der aber noch gleichzeitig bei Sky vor der Kamera geblieben ist – man stelle sich vor, Markus Lanz moderiere gleichzeitig seine Talkshow beim ZDF und eine zweite bei RTL, oder eben eher nicht.
Man könnte die Liste der No Goes bei Sky Deutschland, die man in den letzten fünf Jahren in immer schneller werdenden Zyklen beobachten musste, um etliche Beispiele erweitern, aber das braucht es nicht – jetzt braucht es einen Käufer, der besser begreift, warum dieses Geschäft eben doch auch ein lokales ist, dann klappt es in Zukunft vielleicht auch wieder mit der Bewertung.
Kommentar: Wolfram Winter
Foto: Nadine Rupp