Was haben der Ausnahmekünstler Wolfgang Flatz und Götz von Berlichingen gemeinsam? Um die Frage beantworten zu können, muss man tiefer in das Leben des Exil-Vorarlbergers eintauchen. Exil deshalb, weil er vor dem Mief der Nachkriegsobrigkeit in Österreich geflohen war, um nicht eine längere Haftstrafe verbüßen zu müssen. Straftat: Provokation.
Und diese Provokation wurde schließlich zum Markenkern der Kunstfigur „Flatz“. Immer passiv, nie aggressiv. Immer der Gesellschaft den Spiegel vorhaltend, was sozusagen den Gipfel der Provokation darstellt. Ähnlich läuft dieser Mechanismus auch bei der „Letzten Generation“ oder bei „Fridays for Future“. „Flatz“ eben. International renommierter Kunstprofessor mit einem Telefonbuch, das nicht nur ein Who is Who der internationalen Kunstszene beinhaltet, sondern auch so manche Telefonnummer nicht ganz unbedeutender Politiker:innen.
Das kann manchmal hilfreich sein. Wenn man zu Beispiel eine Kuh von einem Hubschrauber aus auf eine Baustelle wirft. Feuerwerk und Musikperformance mitinbegriffen. Und das mitten in Berlin. So etwas ruft natürlich dauerempörte Journalist:innen der Bild-Zeitung auf den Plan, die dem armen Viecherl den Namen Bodo gaben, und es vor dem bösen Künstler schützen wollten.
Dabei spielte es keine Rolle, dass Bodo bereits fein säuberlich zerlegt im Tiefkühlhaus einer Metzgerei lagerte. „Flatz“ hat die Aktion unter Beifall tausender Zuschauer durchgezogen. Auch Dank der nicht ganz freiwilligen Unterstützung der Kulturpolitik. Dass das Ganze eventuell mit pervertierter Massentierhaltung zu tun haben könnte, wurde weder von aufgebrachten Tierschützer:innen noch von einschlägigen Medien in Erwägung gezogen. Egal. Man empört sich halt gern hierzulande.
Und „Flatz“ liefert immer wieder Gründe dazu. Sein langjähriges Atelier auf der Münchner Praterinsel muss er jetzt räumen. Ein Schweizer Industrieller, der neue Eigentümer des Areals hat andere Pläne. Kunst gehört offensichtlich nicht dazu. Diesmal hilft auch das Adressbuch nicht. Das zuständige Gericht hat in erster Instanz gegen die Kultur und für den Kommerz entschieden.
Aber so jemand wie „Flatz“ gibt niemals auf. Kämpft weiter und provoziert. Sein Körper wurde zu einer „Physical Sculpture“ umgestaltet. Jede der großflächigen Tätowierungen hat eine bestimmte Bedeutung. Nun will „Flatz“ seine „Haut zu Markte tragen“ und sie bei Sotheby’s versteigern lassen. Eine letzte, eine unerhörte Provokation, die der Künstler wohl am ehesten mit dem Götz-Zitat, gerichtet an die, die sich darüber öffentlich echauffieren werden, kommentieren wird.
Andreas Weinek ist seit kurzem beim Streaminganbieter Pantaflix an Bord. Der Ex-A+E-Chef soll dort das Doku-Geschäft aufbauen. Für Clap schreibt er regelmäßig.
Fotos: Andreas Weinek