Readly-Manager Blender: Jetzt kommen die Regionalzeitungen

Die Übername von Readly durch Bonnier scheint immer näher zu rücken. Erst vorgestern gaben die Schweden einen neuen Zwischenstand bekannt: Vorgestern wurde die Schwelle von 66,67 Prozent der Anteile an Readly durch Bonnier überschritten, wie das Unternehmen bekannt gegeben hat. Die Annahmefrist für die Aktionäre läuft noch bis zum 23. März. Es ist aber eher nicht davon auszugehen, dass die ursprünglich angestrebten 90 Prozent Annahmequote zustande kommen. Unterdessen laufen die Geschäfte in Deutschland weiter, mit Burda gewann Readly greade einen bedeutenden Kunden. Wir sprachen mit Jan-Sebastian Blender, der deutsche Manging Director ist für diesen Zugewinn maßgeblich veranwortlich.

Die mögliche Übernahme von Readly durch Bonnier ist in aller Munde. Wie nehmen Sie den Vorgang aus deutscher Perspektive wahr?
Blender: “Ich möchte die Entscheidungen der Aktionäre nicht kommentieren. Es handelt sich dabei um eine Angelegenheit zwischen Käufer und Aktionären. Wir setzen uns unverändert dafür ein, den größtmöglichen Wert für alle unsere Stakeholder zu schaffen. In Deutschland wie auch in allen anderen Märkten verläuft der Übergang zu einem profitablen Unternehmen nach Plan. Wie aus der Veröffentlichung unserer Quartalszahlen vor einigen Wochen ersichtlich, haben wir in sieben aufeinanderfolgenden Quartalen unsere Ergebnisse immer wieder verbessern können, verzeichnen ein starkes Umsatzwachstum und eine rekordverdächtige Gewinnspanne, insbesondere in der DACH-Region. Wir sind stolz auf die anhaltende Relevanz, die wir mit dem wiedergewonnenen Wachstumstempo, der gesunkenen Fluktuationsrate in allen Märkten und einer starken Palette an neuen Inhalten, wie den Burda-Titeln, neuen Partnern und neuen Initiativen, vorweisen können. Wir halten an unseren Finanzzielen fest und befinden uns in einer guten Ausgangslage, um unsere Strategie weiterhin zu verfolgen.”

Wie eng sind denn derzeit die Kontakte zu Mats Brandt, dem Readly-CEO in Schweden. Gibt es etwa tägliche Video-Calls?
Blender: “Da wir eine globale Organisation haben, in der alle Zuständigkeiten über unsere Standorte verteilt sind, ist der Kontakt zwischen unserem Headquarter in Stockholm und unseren regionalen Standorten in Växjö, London, Paris und Berlin sehr eng und wir tauschen uns täglich per Videoanruf, Slack oder E-Mail aus. Dazu gehört auch der Dialog mit unserem CEO Mats Brandt.”

Einer der Hauptaktionäre, Zouk Capital, lehnt die Übernahme ab und pocht auf Eigenständigkeit von Readly. Wie unabhängig können Sie denn hierzulande eigentlich arbeiten. Wird denn bislang Readly von den Verlagen als unabhängiger Service wahrgenommen?
Blender: “Deutschland ist einer unserer Kernmärkte, und wir planen, diesen Markt noch weiter auszubauen. Wir verfolgen immer eine globale Strategie und innerhalb dieser setzen wir lokale Strategien für alle unsere Märkte um. Speziell für Deutschland schauen wir auf das individuelle Potenzial und die Bedürfnisse des Marktes und nutzen unsere Stärken. Auch mit den Verlagen in Deutschland stehen wir in einem kontinuierlichen und sehr engen Austausch, um unser Angebot immer genau auf ihre Bedürfnisse zuzuschneiden. Als Plattform und börsennotiertes Unternehmen hat Readly seit jeher eine diversifizierte Eignerstruktur, daher ist es wichtig, eine klare Strategie für unsere Aktionäre zu haben.”

Sie sorgten Mitte der Woche für Aufsehen mit dem Zugewinn von 39 Burda-Zeitschriften. Wie lange hat es denn gedauert, bis Sie vom Erstkontakt bis jetzt den Deal abschließen konnten?
Blender: “Seit unserem Markteintritt in Deutschland im Jahr 2014 sind wir mit allen wichtigen Verlagen in Kontakt, auch mit Burda. Da wir ‚Chip‘ seit 2015 auf unserer Plattform haben, stehen wir seitdem im ständigen Dialog mit dem Konzern.”
 
In der Pressemitteilung von dieser Woche steht auch, dass Sie den Verlagen sehr viele Daten anbieten können. Können Sie denen denn mehr Daten als früher liefern?
Blender: “Unsere Datenbank mit Analysen zum Leseverhalten wächst aus sich selbst heraus jeden Tag. Mit Readly Insight erhalten Verlage ein exklusives Tool, um ihre Leserschaft sehr differenziert zu analysieren. Neu eingeführte App-Funktionen wie Podcasts und Artikelvorstellungen liefern noch mehr Daten, die den Verlagen dabei helfen, Zielgruppen und deren Verhalten noch besser zu analysieren.”

Welche Daten empfinden denn die deutschen Verlage als besonders wertvoll in dieser Hinsicht?
Blender: “Unsere deutschen Verleger sind daran interessiert, zu verstehen, wie  ihre Leser ihre Magazine konsumieren und wer ihre Leser tatsächlich sind. Es ist möglich, das Leseverhalten unter anderem nach Endgerät, Betriebssystem, Land, demografischen Daten und Zeit zu filtern, was für die Verlage sehr wertvoll ist. Rückmeldungen von Verlagen zeigen auch, dass sogenannte Heatmaps, die anzeigen, zu welcher Uhrzeit oder an welchem Wochentag ein Magazin konsumiert wird, sehr beliebt sind. Nicht zuletzt sehen unsere Verleger gerne Benchmark-Werte aus verschiedenen Content-Kategorien (z.B. Essen & Trinken, Nachrichten & Politik, etc.), um ihre Magazine damit zu vergleichen.”

Sind denn Ihre Geschäfte durch den Übernahmeversuch durch Bonnier bislang in irgendeiner Weise beeinträchtigt worden?
Blender: Unser Tagesgeschäft wurde durch das Bieterverfahren nicht beeinflusst. Wir
sind unserer Strategie gefolgt und unserem Ziel treu geblieben, Inspiration und Erkenntnis in das alltägliche Leben der Menschen zu bringen. In den letzten drei Monaten haben wir neue Inhalte ins Angebot aufgenommen und mehrere neue Marketing-Partnerschaften gestartet, und sowohl unsere Kunden als auch unsere Verleger schätzen unsere Zuverlässigkeit als Plattform.”
 
Jetzt haben Sie einen großen Teil der deutschen Verlage im Portfolio. In welchem Bereich erhoffen Sie sich noch weitere Zugewinne. Beim Lokaljournalismus vielleicht?
Blender: “Wir haben ein großartiges Portfolio an deutschen Inhalten und sind stolz auf unsere bestehenden Partnerschaften mit Verlagen, die uns zum Marktführer für ein All-you-can-read-Abonnement in Deutschland machen. Wir sind stets um eine Erweiterung unseres Portfolios bemüht und befinden uns in Gesprächen mit den verbleibenden Zeitschriftenverlagen in Deutschland. Die Herausgabe weiterer Regionalzeitungen ist in der Tat ein Bereich, den wir genau evaluieren.”

Interview: dh

Foto: Readly