Werther-Bundeswehr-Reportage: „Stimmungswechsel zu mehr Wertschätzung“

Welt-Moderatorin Fanny Fee Werther mal in einer ganz anderen Rolle. Als Reporterin begleitete sie zwei Tage lang das Panzerbataillon 393 in der Oberlausitz, die Sendung dazu läuft heute Abend bei Welt um 19 Uhr. Es geht um viel: Sollte es an der NATO-Ostflanke zu einem Angriff kommen, müsste dieses Bataillon mit als Erstes vor Ort sein. Da die Mannschaft zur sogenannten schnellen Eingreiftruppe der NATO gehört, müssen sie bereit sein, wenn die NATO im Ernstfall anruft. Wie sie persönlich ihren Einsatz erlebt hat, haben wir die Moderatorin im Interview gefragt. 

Ohne den Ukraine-Krieg hätte es ihre spezielle Einsatz-Reportage wohl nicht gegeben. Es wird ja meistens nur kritisch über die Einsatzfähigkeit der Truppe geschrieben. Gibt es insgesamt zu wenig Reportagen und Geschichten über die Bundeswehr in den Medien?

Werther: Meinem Empfinden nach hat sich seit Beginn des Krieges sehr viel verändert. Sowohl in der medialen Berichterstattung, als auch in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Der Eindruck wurde auch in meinen Gesprächen mit den Soldaten bestätigt: das Interesse an der Bundeswehr hat deutlich zugenommen, das merken wir auch bei unseren Welt TV-Zuschauern. Mir wurde berichtet, dass seit Kriegsbeginn Sätze fallen, wie: „man merkt jetzt, dass man Euch ja doch braucht“. Schade, dass es für diesen Stimmungswechsel hin zu mehr Wertschätzung einen schrecklichen Krieg gebraucht hat.

Haben Sie eine gewisse Nervosität bei den Soldaten gespürt, weil die Wahrscheinlichkeit eines realen Einsatzes ja gestiegen ist?

Werther: Ich würde es nicht als Nervosität bezeichnen, sondern eher als Ernsthaftigkeit. Jeder und Jede ist durch die aktuelle Situation mental sofort im Szenario drin, der Aufbau und Ablauf der Schießübung sind so realitätsnah wie möglich gestaltet. Allerdings gib es da natürlich große Unterschiede von Person zu Person. Als wir die Truppe besucht haben, waren insgesamt rund 350 Soldatinnen und Soldaten vor Ort – da regiert jeder anders auf die aktuelle Situation, die einen verspüren mehr Druck, die anderen weniger.

Projekt PzBtl 393

Gab es eigentlich eine Tabuzone, also Taktiken, die nicht in der Öffentlichkeit gezeigt werden sollen oder dürfen?

Werther: Ja, die gab es – zum Beispiel durften wir aus Gründen der militärischen Sicherheit nicht im Innenraum des Leo 2A7V filmen. Der ist gegenüber dem Vorgänger nochmal ein ganzes Stück moderner und digitaler geworden. Auch das genaue Wording des Übungsszenarios bleibt geheim.

Welche Erkenntnis haben Sie von ihrer dreitägigen Reise mitgebracht, mit der Sie vorher nicht gerechnet hätten?

Werther: Wie realitätsnah die gesamte Übung aufgebaut war, sowohl, was die Zeiten, als auch die Befehle anging. Das Presseteam der Truppe hat versucht, auf alle unsere Wünsche einzugehen, aber gewisse Dinge gehen halt nicht, wenn die Panzer im scharfen Schießen im Einsatz sind. Da mussten wir uns den Abläufen anpassen, nicht andersrum. Zum Beispiel fuhr kein Panzer extra so, dass wir ein gutes Bild bekommen haben, sondern so wie es für das Szenario vorgesehen war. Auch von der Herzlichkeit, die uns von allen Beteiligten entgegengebracht wurde – von den Panzer-Crews, über das Küchenteam bis hin zu Generälen und zur Werkstatt – war ich (positiv) überrascht.

Man sieht Sie also beispielsweise zusammen mit den bekannten Leopard-Panzern. Ein komplexes und hochtechnisches Kriegsgerät. Was geht einem dann durch den Kopf, wenn man mit solchen Kampfmitteln in Berührung kommt?

Werther: Als der erste Kampfpanzer an uns vorbeigedonnert ist, die ersten Soldaten in Uniform und mit Gesichtstarnung an uns vorbeiliefen, war das absolut surreal. Nach ein paar Stunden hatte man sich daran gewöhnt, und auf dem Gelände fast „eingelebt“. Ich persönlich war während der Aufnahmen neben und auf den Panzern so fokussiert und konzentriert, dass ich kaum daran gedacht habe, was die Kampfpanzer anrichten können. Erst wenn man abends im Bett liegt und den Tag Revue passieren lässt, realisiert man, wo man da gerade gedreht hat, wozu die Waffen gebaut wurden. Während des scharfen Schießens wurde außerdem das Panzerabwehrsystem „Mells“ geprobt – als die Rakete abgefeuert wurde, ging mir nur durch den Kopf: hoffentlich verfehlt sie ihr Ziel nicht. Eine komplett irrationale Angst, angesichts der immensen Vorbereitung der Übung, aber trotzdem ein Gänsehautmoment.

Man sieht sie in der Reportage anders als sonst auf dem Bildschirm. Im Bundeswehr-Outfit. Könnten Sie sich nach ihren Erfahrungen jetzt einen Einsatz als Kriegsreportrein vorstellen, etwa wie ihre Kollegin Tatjana Ohm?

Werther: Tatjana, sowie die Kollegen Steffen Schwarzkopf und Max Hermes machen einen Wahnsinnsjob in der Ukraine. Ich habe höchsten Respekt vor ihrem Einsatz. Denn – so viel Ehrlichkeit muss sein – auch das hat der Dreh mir gezeigt: ich kann mir aktuell keinen Einsatz im Kriegsgebiet vorstellen. Die Panzer aus nächster Nähe schießen zu hören und zu sehen – da musste ich schon schlucken…

Spezielle Außeneinsätze sind Ihnen aber nicht fremd. Für München TV waren Sie auch auf der Wiesn und bei Sportevents. Könnten Sie sich vorstellen, jetzt öfters außerhalb des Studios im Einsatz zu sein?

Definitiv. Meine „Base“ und Haupttätigkeit wird die Nachrichten-Moderation aus dem Welt-Studio bleiben, aber der nächste Ausflug ist bereits in Planung. 

 

„WELT-Spezial Der Leopard im Härtetest – Fanny Fee Werther bei der Panzertruppe „:

Sendezeiten:

Freitag, 28.07.2023 ca. 19:05h

Samstag, 29.07.2023 ca. 07:25h

Samstag, 29.07.2023 ca. 09:25h

Samstag, 29.07.2023 ca. 12:20h

Sonntag, 30.07.2023 ca. 8:25h 

Sonntag, 30.07.2023 ca. 13:20h

 

Interview: dh

Fotos: Bundeswehr/Sven Fischer