von Bibra: Das waren die prägendsten Cover des Jahres

Kommunikativ etwas ruhiger ist es in letzter Zeit um die Zeitungs- und Magazin-App Readly geworden. Gestern meldete sich das Unternehmen mit der veröffentlichten Studie Lesetrends wieder zurück. Auf Grundlage dieser Ergebnisse schrieb uns nun Readly-Deutschland-Chefin Marie Sophie von Bibra (oben im Bild) einen exklusiven Gastbeitrag:

Von Marie-Sophie von Bibra

„Ob den Kampf gegen soziale Ungleichheit, bahnbrechende technologische Innovationen oder sportliche Höchstleistungen – Zeitschriftencover sind stets ein Spiegelbild unserer Zeit. Meine Cover-Auswahl (weiter unten zu sehen) ist eine Kurzreise durch einige der prägendsten Themen unserer Leser und Leserinnen im ablaufenden Jahr 2023.

Die Welt entwickelt sich, Zusammenhänge werden komplexer, der technische Fortschritt erlebt mit Blick auf die rasante Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) einen massiven Durchbruch. Nicht überraschend ziert KI zahlreiche Titelseiten, generiert und gestaltet sogar aktive Zeitschriften(-inhalte) mit.

Das öffentliche Interesse daran, KI und ihren Einfluss und potenzielle Folgen verstehen zu können, ist groß. Laut einer im Auftrag von Readly durchgeführten Yougov-Umfrage ist nur einer von fünf Befragten (19 Prozent) optimistisch, was die Vorteile von KI angeht, während zwei Drittel (62 Prozent) der weltweit Befragten entweder besorgt sind oder gemischte Gefühle haben. Spannende Berichte und Artikel zum Thema las ich unter anderem in der Juni/Juli-Ausgabe des New York Magazine: “Inside the AI factory”, ein Beitrag, der über die Menschen berichtet, die tagein, tagaus enorme Datenmengen sortieren und taggen, um KI zu trainieren.

In der Mai-Ausgabe von „The Guardian Weekly“, “It’s time to take our concerns about AI seriously”, erkundet Journalist John Naughton potenzielle Gefahren der rasanten Entwicklung von KI. Der Beitrag “AI by the People, For the People” in der August-Ausgabe des „Time Magazine Europe“ erzählt von einem Startup in Indien, das mithilfe einer App Sprachdaten sammelt, um KI auch in marginalisierten Sprachen wie etwa kanaresisch, das in Indien von 44 Millionen Menschen gesprochen wird, verfügbar zu machen. Und das schwedische Finanzmagazin „Aktieportföljen“ erstellte sogar in einigen Ausgaben einen Großteil der Texte, des Layouts und der Bilder mit Hilfe von KI.

 

Vielfalt: Neben Technologie und Finanzen auch gesellschaftspolitisch relevante Themen

Die Berichterstattung in 2023 ist divers – nicht nur was die Themen angeht, sondern auch die Inhalte. Vor allem die Lifestyle-Magazine brechen endlich mit Stereotypen: „Vogue“, „Sports Illustrated“ und „Vanity Fair“ haben bewusst ein Statement gegen Altersdiskriminierung gesetzt, indem sie Prominente wie Cher (77 Jahre alt), Miriam Margolyes (82), und Apo Whang-Od (106 Jahre alt), aufs Cover setzen – Martha Stewart (82) in der ikonischen “Swimsuit-Ausgabe”.

Diese Veröffentlichungen definieren die traditionellen Normen für Schönheit neu und brechen mit klassischen Stereotypen. Im Laufe des Jahres haben wir die Geschichten älterer, prominenter Frauen gelesen, die sich nicht retuschieren lassen, aber auch über diejenigen, die lieber als jüngere Versionen ihrer selbst dargestellt werden wollen. Und das ist gut so. Denn auch wenn wir hier sicherlich erst am Anfang eines noch langen Weges stehen, den es zu bestreiten gilt, ist es doch wichtig, dass wir so langsam die ersten Schritte in die richtige Richtung machen.

 

Das Interesse unserer Leser und Leserinnen am Frauenfußball unterstreicht nicht nur, dass der Frauenfußball dem männlichen Pendant in Sachen Spannung, Herzblut und Talent in Nichts nachsteht. Er fördert auch die fortschreitende Gleichberechtigung. Große Turniere wie die zurückliegende Weltmeisterschaft haben sicherlich dazu beigetragen, die mediale Präsenz der Sportlerinnen zu erhöhen und ihnen so die angemessene Anerkennung und Unterstützung zu geben, die sie verdienen. Beispiele dafür sind die November-Ausgabe von Elle Sweden mit Fußballtorhüterin Zećira Mušović, die Juli-Ausgabe von Grazia mit Englands Star-Verteidigerin Jess Carter oder die August-Ausgabe von The Guardian Weekly über den unaufhaltsamen Aufstieg des Frauenfußballs.

 

Vom Kampf gegen soziale Ungleichheiten bis hin zu bahnbrechenden technologischen Fortschritten – diese Schlagzeilen spiegeln ein Jahr voller entscheidender Momente wider. Und sie zeigen, dass der Journalismus nach wie vor unverzichtbar ist, wenn es darum geht, den Menschen zu helfen, sich in einer sich rasch verändernden Welt zurechtzufinden. Und unverzichtbar darin, den Mainstream herauszufordern und außergewöhnlichen Menschen eine Plattform zu bieten.“

 

Fotos: Readly