Neues Clap Magazin: Schmitz-Titelgeschichte, Gessulat-Interview

Vor über zwei Jahren hat Gregor Peter Schmitz den Chefsessel der „Augsburger Allgemeinen“ gegen den des „Stern“ getauscht. Mittlerweile gehört er zu den bekanntesten Journalisten des Landes, was auch an seiner dauerhaften Bildschirmpräsenz liegen dürfte. Nun kümmert er sich gerade um die Neupositionierung von Stern+. Was er demnächst noch vorhat und was ihn antreibt, erzählt Schmitz im Clap-Titelportrait, welches Anfang nächster Woche erscheinen wird. 

Mit im Heft, welches von Chefredakteur Daniel Häuser verantwortet wird, ist auch ein größeres Interview mit Karsten Gessulat (oben rechts im Bild). Der Agenturchef von Average Sucks hat nach einem Herzinfarkt schwierige Monate hinter sich. Doch jetzt kommt er zurück mit neuen Vorhaben und er hat sich mit Kreativ-Direktorin Gia Zegur eine neue geschäftliche Partnerin an seine Seite geholt, wie er im Clap-Clubgespräch verrät. Ein längerer Ausschnitt aus dem Gespräch ist hier zu lesen. Wer die komplette Version lesen möchte, kann das aktuelle Clap-Magazin mit einer Mail an clap@clap-club.de bestellen. 

Sie haben viele Jahre, fast ununterbrochen, hart gearbeitet in Ihrem Berufsleben. Und dann kam der gesundheitliche Rückschlag. Hat der Aufenthalt Ihre Sichtweise auf das Leben, die Arbeit und die Kommunikationsbranche verändert? 

Gessulat: Meine Zeit in der Reha nach meinem Herzinfarkt war sehr erdend. Man spürt – da bin ich total ehrlich – ein bisschen seine eigene Endlichkeit und denkt über viele grundsätzliche Dinge nach. Und natürlich auch darüber, wie man in Zukunft leben und arbeiten möchte. Mir ist zum Beispiel klar geworden, dass ich mein Leben entschleunigen möchte. Und mehr nachhaltige und substantielle Dinge von Wert entwickeln möchte. Da ist gar keine Kritik an der Kommunikationsbranche in mir gewachsen, aber ich möchte mich in Zukunft eben mehr um die Dinge kümmern, die etwas länger bestand haben und die nicht von jetzt auf gleich erfunden sein müssen. Marken zum Beispiel.

Konnten Sie dort tatsächlich runterfahren? Wie schwierig war es, mit Ihrer Ihnen eigenen Ungeduld zurechtzukommen? 

Gessulat: Ich konnte tatsächlich ganz gut runterfahren. Mein Team in der Agentur hat das unfassbar gut gestemmt und ich durfte mich voll auf meine Gesundheit konzentrieren. Das war eine sehr schöne Erfahrung, denn für einen Unternehmer ist das ja überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Meistens arbeiten wir 24/7 irgendwie. Mein Herz hat mir aber sehr deutlich gesagt: Jetzt bist Du mal dran! Nimm dir mal Zeit für dich. Also war wirklich nur Radfahren, Walken, Massage, Bogenschießen etc. angesagt. Meine Ungeduld – die eigentlich sehr ausgeprägt ist – hat mir da verblüffender Weise keinen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich habe mich ziemlich brav meinem Schicksal gefügt und einfach mal relaxt. Das war sehr gut und eine völlig neue Erfahrung.

Sie sind offen mit der Situation und haben diese auf LinkedIn nicht nur gepostet, sondern auch genauer beschrieben. Wie haben die Geschäftspartner auf das Posting reagiert?   

Gessulat: Ich bin offen mit der Sache umgegangen, weil ich nicht einfach spurlos verschwinden wollte. In der Klinik und in der Reha war ich aber erst mal weg vom Fenster. Da wollte ich keinen Raum für Spekulationen lassen. Ich war ja natürlich in viele laufende Kundenprojekte involviert und fand, dass meine Kund:innen einen Recht darauf hatten, informiert zu werden. Ich konnte aber leider nicht mehr jeden persönlich anrufen oder jedem schreiben, deshalb habe ich es einfach gepostet. So wussten alle sofort gleichermaßen Bescheid, es musste nichts erraten werden. Und verheimlichen bringt ja auch nichts. Das kam auch wirklich überall gut an und ich kann so einen transparenten Umgang nur dringend empfehlen. Die Kund:innen haben großes Verständnis gezeigt und mir das Gefühl gegeben, dass es ok ist, wenn ich jetzt gerade nicht auf der Brücke stehe. Dafür bin ich wahnsinnig dankbar. Das hat mir Kraft gegeben.

Sie hatten Zeit für neue Gedanken und hatten im Vorgespräch gesagt, dass sich mittlerweile wesentliche Parameter im Agenturgeschäftsleben und bei bestimmten Marketingentscheidern in Unternehmen verändert haben. Gab es eine spezielle Situation, die Sie auf die neue Markenberatung gebracht hat? 

Gessulat: Insgesamt ist die Wirtschaft ja sehr unter Druck gerade. Da ist es oft mit noch einer neuen Kampagne oder bestimmten Marketing-Maßnahmen nicht mehr getan. Wenn das Produkt nicht passt bzw. die Marke keine Kraft hat, dann ist das Geld hier eventuell verpulvert. Keine Sorge, wir entwickeln auch weiterhin gerne Kampagnen, aber wir lieben es noch mehr, wenn wir grundsätzlicher helfen bzw. eingreifen dürfen. Deswegen stellen wir unsere Expertise in Sachen Markenberatung jetzt noch stärker in den Vordergrund. Wir sind hier für viele Kunden seit Jahren aktiv und reden eigentlich viel zu selten darüber. Denn wir sind in diesem Feld oft ein wirklich relevanter Business-Partner, der in der Lage ist, das Geschäftsmodell positiv zu beeinflussen. Und nicht bloß die Werbeagentur, die die ganze Sache am Ende ein bisschen schick verpackt.

Ihrer Meinung nach ist das Thema Markenberatung immer noch eher im Beritt der Krawattenträger und Zahlendreher. Was ist daran so falsch? 

Gessulat: Ich habe nichts gegen Krawattenträger und Zahlendreher. Ich habe selbst ein paar tolle Krawatten im Schrank und Zahlen bedeuten mir eine Menge. Aber ich finde, dass im Feld der Markenberatung oft Kreativität und Inspiration ein bisschen kurz kommen. Und je schwieriger die Wirtschaftslage ist, umso mehr Kreativität braucht es doch, um noch eine geniale Lösung für eine Marke zu entwickeln. Hier setzen wir an. Natürlich sind wir in der Lage, Daten und Fakten zu interpretieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das ist Handwerk. Aber wir schaffen es oft zusätzlich, im Markenprozess ein starkes Feuer zu entfachen.

Ganz in der Nähe der Münchner Messe haben Zegur und Gessulat ein Büro angemietet. 

So gehen die Leute dann aus dem Markenprozess heraus und brennen wieder komplett für ihre Marke?

Gessulat: Ja, weil sie sie so noch nie gesehen haben. Das schafft man ehrlich gesagt nur, wenn man auch der Kreativität im Feld der Markenberatung einen großen Raum gibt. Markenberatung funktioniert heute nicht mehr nach Schema F mit ein paar bewährten Tools. Das kann man auch nicht in BWL an der Uni lernen. Du brauchst erfahrene Leute, die um die Ecke denken, neue Dinge erfinden oder einfach auch mal Grenzen verschieben. In diesen schwierigen Zeiten geht es eben nicht mehr klein klein und „haben wir immer schon so gemacht“. Das bringt niemanden weiter. Man braucht heute viel stärker differenzierende Konzepte und klare, relevante Positionierungen. Me to gibt es schon genug. Dafür steht die Markenberatung bei Average Sucks.

Gibt es spezielle Branchen oder Unternehmen, die Sie im Blick haben? Wer soll sich angesprochen fühlen? 

Gessulat: Wir denken nicht in Branchen. Von der Tagezeitung über die Sonnencreme bis hin zum Industrieventil haben wir schon alles gemacht. Aber ich möchte insbesondere Entscheider und Vorstände dazu ermutigen, sich stärker mit der eigenen Marke zu befassen. Das passiert leider immer noch viel zu selten und dabei ist die Marke doch quasi der Nukleus eines Unternehmens. Entscheider haben es in der Hand, wie ihr Unternehmen gesehen und verstanden wird. Sie können über die Differenzierung zum Wettbewerb bestimmen, über das Angebot der Marke, über Werte, Tonalität etc. Und so am Ende auch über Erfolg oder Misserfolg. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, wenn Top-Entscheider hier unmittelbar eingebunden sind. So entstehen oft mutige Entscheidungen, die sonst über viele Hierarchiestufen verloren gegangen wären.

Fotos: Alexander von Spreti

Interview: dh