„Freizeit Magazin-Royale“: Die große Böhmermann-Umfrage

Als „Clap“ letzte Woche die Geschichte über Böhmermanns „Freizeit Magazin Royale“ ausgegraben hat war uns noch nicht klar, in welche Richtung das Heft gehen wird. Nun ist es zwar draußen, die wenigsten haben es aber schon in den Händen gehalten. Clap war an fünf Tankstellen und zwei Supermärkten umsonst vorstellig. Und selbst nach der Online-Bestellung landete noch nichts in unserem Briefkasten.

Ob das alles nun zu krass war oder nicht, haben wir einige vergleichsweise unabhängige Teilnehmer der Kommunikationsbranche gefragt. Und einer der wenigen, die das Böhmermann-Magazin im Handel bekommen haben ist Stefan Krüger, Chef der Agentur Cocodibu, der selbst gerade in den Schlagzeilen gewesen ist. Seinen Eindruck schildert er hier:

„Freizeit Magazin Royale – dagegen wirkt sogar ‚Clap‘ wie ein überzogen seriöses Fachmagazin. Der Vergleich ist natürlich naheliegend, beide positionieren sich ja deutlich als Peoplemagazin der Branche. Klar, in Sachen Optik, Recherche und Schreibe gibt’s hier und da ein paar Unterschiede, aber das ist dann auch nur für das geschulte Auge erkennbar. Und der Ansatz von Freizeit Magazin Royale ist natürlich ein anderer.“

Gibt es sogar einen positiven Effekt für die Zeitschriften? Wahrscheinlich waren selten zuvor so viele Menschen an den Kiosk-Auslagen und haben sich bei der Yellow Press umgeschaut. Der Münchner hat noch eine weitere augenzwinkernde These: „Das ist eine überaus clevere Gattungsmarketing-Kampagne der Verlage. Wann hat die Yellow Press zuletzt so für Gesprächsstoff gesorgt? Und das vor allem bei den 18- bis 25jährigen, also den Entscheidern in den Mediaagenturen? Ein besseres Testimonial als Jan Böhmermann hätte es dafür kaum geben können. Und der Vorwurf der Fake News? Im Jahr 2021 ein bisschen billig, finde ich. Wir leben schließlich im postfaktischen Zeitalter. Who cares?“

Womöglich haben nach der ZDF-Sendung die Telefondrähte zwischen den Medienunternehmen geglüht. Dass zumindest Thomas Bellut, der scheidende ZDF-Intendant, den ein oder anderen Anruf bekommen hat, kann sich Ralph Fürther, der frühere Sky-Kommunikationschef, vorstellen. Er sieht Teile der Sendung nicht ganz unkritisch.

„Jan Böhmermann hat mit seiner Show mittlerweile einen festen Platz auf meiner Watchlist. Darauf bleiben wird er nur, wenn seine persönlichen Beleidigungen nicht überhandnehmen. Der letzte Freitag war hart an der Grenze oder sogar leicht darüber.“

 

Zur Lockerheit mahnt dagegen der „gelassene Guru“ Frank Behrendt, der auch für den „Stern“ im Einsatz ist und heute einen neuen Podcast mit der CSU-Politikerin Doro Bär veröffentlicht hat:

„Jan Böhmermann hat es wieder mal geschafft, einen genialen Satire-Stunt zu produzieren. Die Yellow-Press mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, das Ganze genüsslich im TV anzukündigen, ein eigenes schräges Heft an die Kioske zu bringen und es dann auf Twitter zum absoluten Topic hochzujazzen, das ist schon eine Meisterleistung der Inszenierung. Chapeau.“

Der Mann sei Satiriker, da dürfe man nicht jedes Wort und jeden Satz so ernst nehmen und Behrendt schiebt noch nach: „Seien wir mal ehrlich: Bei den bunten Blättchen ist das Gestalten von Wahrheit doch Teil des Geschäftsmodells.“

Christian Kallenberg, der bereits bei etlichen Magazinen Chefredakteur gewesen ist, ärgert sich darüber, dass der Rundfunkstaatsvertrag mal wieder ins Spiel gekommen sei. „Ich verstehe die Aufregung nicht – auf beiden Seiten nicht. Wie unterhaltende Frauenzeitschriften funktionieren, ist seit Jahrzehnten bekannt. Dass Böhmi 2021 feststellt, dass Zuspitzungen Teil des Konzeptes sind, ist nicht unbedingt eine Ausnahmeleistung.

 
 
Mit Kay Labinskys Kommentar ‚Komödianten haben Narrenfreiheit‘ ist dazu eigentlich alles gesagt. Aus dieser Satire einen Bruch des Rundfunkstaatsvertrages abzuleiten, halte ich für sehr weit hergeholt. Positiv formuliert: Wenn diese Aktion als Impuls dient, dass Journalist*innen ihre Arbeitsweise nochmals überprüfen, war sie sinnvoll.“ 
 
Und ansonsten erinnert Clap nur ganz nebenbei an „ARD Buffet“ und das BGH-Urteil von Anfang 2017. Aber das Magazin heißt ja auch „Freizeit Magazin Royale“ und nicht „ZDF Magazin Royale“. Na dann ist ja alles gut.
 
 
Clap wird heute Abend jedenfalls bei Clubhouse in der Reihe „Medienmanagertreff – der Wochenrückblick“ über dieses und weitere Themen (#allesdichtmachen) sprechen.
 
Text: dh
 
Fotos: privat