Welt der Wunder-Chef Hendrik Hey sorgte vor kurzem für Aufsehen mit dem Launch seiner neuen Content-Plattform Milc für TV-Produzenten und TV-Unternehmer. Jetzt setzt sein Team aus München-Sendling noch einen drauf und kündigt bei Clap ein eigenes Metaverse an, bei dem Milc mit eingebunden ist. Seit Tech-Giganten wie Facebook und Microsoft verkündet haben, dass das neue Miteinander unserer digitalen Existenz sich zukünftig wohl in sogenannten „Metaversen“ abspielen wird, taucht dieser Begriff ständig in den Medien auf.
Hey hat mit seiner Metaverse-Interpration eine innovative dreidimensionale Website kreiert, mit der es völlig neue Möglichkeiten geben soll. Welt der Wunder spricht dabei von „einer ganzen Erlebniswelt“, die einfach wie eine Website über den Browser zu bedienen ist. Hier ist sie zu sehen.
Was hat Hey damit genau vor? Clap hat ihn dazu interviewt:
Wie kommt es, dass ausgerechnet Sie ein Metaverse ins Netz gestellt haben?
Hey: Wir haben an dieser dreidimensionalen Erlebniswelt bereits gearbeitet, bevor wir wussten, dass sich diese jetzt Metaverse nennt. Wir sind Facebook und Microsoft sehr dankbar dafür, dass sie diesem Ansatz einen schönen Namen gegeben haben. Natürlich freuen wir uns auch, dass wir als kleine Firma ähnlich groß denken können und offensichtlich auf der gleichen Spur sind.
Sie sprechen von Erlebniswelten, was meinen Sie damit?
Hey: Unser Metaverse ist unter anderem eine Stadt. In dieser kann ich mich dreidimensional bewegen. Es gibt Gebäude, Straßen und Plätze, wie in jeder echten Stadt. Jedes Gebäude stellt einen anderen Inhalt dar. In dem einen wird professionelles Business gemacht, wie in einem Bürogebäude, in dem anderen befindet sich eine Universität, in der ich etwas lernen kann. Es gibt daneben auch eine Bank, eine Börse und sogar ein Parlament. Es wird zukünftig auch Shoppingmals geben und es finden öffentliche Veranstaltungen bis hin zu ganzen Messen statt. Diese können zeitgleich von unendlich vielen Menschen besucht werden. Es gibt aber auch Baustellen, um deutlich zu machen, dass ein Metaverse ständig wächst und immer weiter ausgebaut werden kann. Sie sehen aber schon jetzt. dass diese neue Form einer „Website“ viel mehr an eine reale Wirklichkeit erinnert.
Wenn man in Ihr Metaverse geht, kann man zwar die Stadt sehen und sich in Ihr bewegen. Was soll man da eigentlich genau machen?
Hey: Das Stimmt, wir gehen wie immer den wissenschaftlichen Weg und haben das Milc-Metaverse als „Laboratorium“ ins Netz geschickt. Niemand hat bisher das getan, was wir gerade tun. Es gibt nichts an dem wir uns orientieren können. Es ist alles vollkommen neu. Wir müssen also schauen, ob auch alles funktioniert. Jetzt eröffnen wir aber Stück für Stück ein Gebäude nach dem anderen. Der interessierte User erlebt also unsere Entwicklung hautnah mit. Er kann uns sogar beeinflussen und uns sagen, was er sich wünscht und was wir machen sollen.
Verraten Sie uns bitte, wofür man das alles braucht…
Hey: Ich denke wir befinden uns exakt an der Schwelle, an welcher das Internet sich wirklich anfängt zu vernetzen. Wenn Sie beispielsweise eine Website besuchen, wissen Sie nicht, welche andere Website direkt nebenan ist. Oder anders, wenn Sie Ihr Facebook-Profil öffnen, wer ist eigentlich Ihr Nachbar? Sie wissen es nicht, denn obwohl viele Milliarden Menschen mit Ihnen zeitgleich im Netz sind, sind Sie eigentlich immer allein. Auch derzeitige Soziale Netzwerke, geben Ihnen nichts weiter als ein Profil, was Sie damit machen, ist einzig und allein Ihre Sache. Jetzt stellen Sie sich vor, dass dies nicht mehr so ist. Das Inhalte, Angebote und Gruppen auf einmal miteinander vernetzt sind und Sie wissen, dass vielleicht jemand gerade das gleiche macht wie Sie. Sie haben jetzt, wenn Sie wollen, die Möglichkeit miteinander zu interagieren.
Was passiert in den Räumen genau?
Hey: Sie hören einer Podiumsdiskussion zu, die gerade auf einem Platz stattfindet. Sie betreten ein Kaufhaus, in dem die Dinge so geordnet sind, wie Sie es aus der Wirklichkeit kennen. Dort treffen Sie sogar einen Verkäufer, der Ihnen beispilsweise helfen kann. Ein Metaverse ist eigentlich wie eine Super-Social- Community.
Das klingt jetzt trotzdem noch ein wenig abstrakt, machen Sie es doch mal an Ihrem Metaverse etwas konkreter.
Hey: In einem unserer Gebäude befindet sich unser professioneller Content Handelsplatz, dieser ist nicht frei zugänglich, weil hier Profis miteinander wertvolle Filmlizenzen handeln. Die Inhaber dieser Inhalte können ihren Content aber auch der Öffentlichkeit zu Verfügung stellen und sogar an etwaigen Werbeinnahmen partizipieren. Gegenüber befindet sich unser öffentlicher Music Palace, hier platzieren weltweite Künstler ihre Songs, ihre Videos und Interviews. Natürlich gibt es auch Playlists, die ich Downloaden kann und vieles mehr. Zwei Straßen weiter betrete ich eine Gaming-Welt, in der weltweite Spiele Entwickler ihre Projekte vorstellen usw. Will sagen, dass Milc-Metaverse reflektiert sehr stark die Angebote der weltweiten Medien und Entertainment Industrie, diese sind aber auch extrem massentauglich.
Und das alles wollen Sie von München-Sendling aus anbieten und kontrollieren?
Hey: Nein, auch das ist neu im Metaverse. Wir sind die Plattform. Ein paar Dinge veranstalten wir zwar selbst, aber es gibt auch die Möglichkeit für Partner ihr eigenes Geschäft aufzubauen. Es gibt auch die Möglichkeit für andere Metaverses sich mit unserem zu vernetzen. Ich schlüpfe dann zukünftig einfach von der einen in die andere Welt. Deshalb spreche ich auch gerne schon von einem zukünftigen „Masterverse“, welches die Summe aller Metaverses darstellt, ohne, dass diese von einem einzelnen Konzern kontrolliert werden.
Aber was bieten Sie mir als ganz normalen User an?
Hey: Ab Ende Dezember können Sie, wie in jedem anderen sozialen Netzwerk, ihr Profil anlegen und damit Teil unserer Milc-Community werden. Sie können alles machen, was Sie von anderen Social-Communities kennen. Bei uns bekommen Sie aber zusätzlich Ihr eigenes Haus. Dieses Haus wird in einer Straße stehen, in der auch andere Teilnehmer wohnen. Wenn Sie wollen, könnten Sie jetzt bei Ihrem Nachbarn klingeln und so vielleicht interessante Menschen kennenlernen. Vielleicht ist ihre Nachbarschaft ja so nett, dass Sie ein virtuelles Straßenfest veranstalten. Ihre Nachbarn kommen aber aus der ganzen Welt. Das ist aber noch nicht alles. In einer weiteren Entwicklungsstufe können Sie Ihr Haus betreten und haben dann in unserem Metaverse Ihr eigenes „Miniverse“. Sie können darin Videokonferenzen oder Voice-Chats abhalten. Sie können Ihr Haus aber auch individuell einrichten. Das Stadtzentrum bleibt die Startseite, Sie können immer dorthin gehen, um zu erfahren, was es Neues gibt. Das bedeutet, die Milc-Plattform lässt Sie nicht allein, sondern macht Ihnen immer Vorschläge, mit dem Ziel, dass Sie Menschen kennenlernen und sich austauschen.
Wie sollen sie mit Metaverse Geld verdienen? Werbeeinnahmen?
Hey: Unser Kernmarkt, der Contenthandel und die Medienfinanzierung sind eine wichtige Einnahmequelle. Daneben wird aber auch Werbung eine wichtige Rolle spielen. Aber auch hier ist im Milc-Metaverse alles anders. Klassische Online-Werbung kann den Nutzer manchmal ganz schön nerven. Unsere Werbeformen erinnern mehr an den Time Square in New York und an Piccadilly Circus in London. Wir haben Häuser und diese haben Flächen, auf denen ich Werbung in Form von Clips positionieren kann. Zum einen denke ich, dass man da auf jeden Fall hinschauen wird, zum anderen machen diese Werbeformen die Stadt einfach bunter. Der Werbefachbegriff „Digital Out Of Home“ bekommt hier plötzlich eine ziemlich interessante Bedeutung. Natürlich entstehen dadurch auch ganz andere Interaktionsmöglickeiten.
Ein Vorwurf, den sich viele soziale Netzwerke gefallen lassen müssen, ist die permanente Vermarktung ihrer Nutzer, wie wollen Sie damit umgehen?
Hey: Ganz einfach, wir teilen! 50 Prozent der Werbeerlöse werden an die Nutzer der Plattform ausgeschüttet. Hier kommen die Möglichkeiten der Blockchaintechnologie ins Spiel. Wir können diesen Prozess sehr einfach steuern. Auch die Partner, die z.B. ihren Content der Community zur Verfügung stellen, erhalten 50% der daraus resultierenden Werbeerlöse. Auf einmal macht es Sinn, seine News oder wertvollen Videoinhalte mit anderen zu teilen.
Sie wollen Ihre eigenen Regeln im Metaverse machen?
Hey: Genau! Ich finde es einfach zeitgemäß eine Community, die ja der Kern des Erfolges ist, am Erfolg auch zu beteiligen. Ich denke von fast 90 Milliarden Dollar, die beispielweise Facebook nur mit Werbung verdient, kann man doch ohne Problem 45 Milliarden abgeben, oder? Ich weiß, dass klingt jetzt nicht besonders Gewinn maximierend, aber das ist uns egal. Dafür ist es nachhaltig und verteilt im Zweifel eben diese Muti-Milliarden auch an diejenigen, über die sie schließlich verdient werden.
Das Ganze klingt nach einer doppelten Existenz im Internet, so wie früher beim gehypten „Second Life“. Oder sehe ich da was falsch?
Hey: Ich denke, dass es in ein paar Jahren nur noch wenige gibt, die sich nicht irgendeinem Metaverse anschließen und das sich diese zu einem Masterverse vereinen. Das gesellschaftliche Miteinander wird im Netz immer ähnlicher unserer Wirklichkeit. Irgendwann wird dann auch noch die Hardware folgen und eine realistische doppelte Existenz möglich machen – eben ganz so wie in der Science Fiction.
Interview: dh
Fotos: Welt der Wunder