Readly-Exklusiv-Interview: „Für eine Zusammenarbeit mit Spotify sind wir offen“

Die Führungsetage bei Readly füllt sich wieder. Endlich muss man sagen, nachdem international gesehen zuletzt überraschend mit CEO Maria Hedengren oder CTO Joakim Johansson zwei wichtige Führungskräfte von Bord gegangen waren. Wie heute morgen vermeldet wurde, gibt es zumindest für den wichtigen Deutschland-Markt mit Marie Sophie von Bibra und Jan-Sebastian Blender wieder eigene Geschäftsführer. Clap sprach mit beiden über die zukünftige Ausrichtung des Zeitschriften-Flatrate-Anbieters.

Sie sind nun gleichberechtigte Geschäftsführer in Deutschland. Wie sieht die Arbeitsteilung aus?

Von Bibra: Da Jan und ich schon seit sechs Jahren eng und erfolgreich für Deutschland zusammenarbeiten, werden wir diese Aufteilung direkt weiterführen und erweitern. Ich verwalte die Bereiche Marketing, Kommunikation, Wachstum und Business Development, Jan leitet unsere Content Strategie, unsere Verlagspartner und das Content Development. Zusätzlich teilen wir uns die Aufgaben für unser deutsches Team, Büro, Finanzen und alles weitere.

Wie wichtig ist die neue Position von Gundel Henke, die als Head of Growth das Nutzerwachstum vorantreiben soll?

Von Bibra: Die neu geschaffene Stelle ist für uns ein wichtiger Schritt, um unser Team zu stärken und noch mehr Fokus auf ein diversifiziertes und langfristiges Nutzerwachstum zu setzen. Gundel bringt Erfahrung aus verschiedenen für uns relevanten Bereichen mit. Wir planen, mit ihr unsere Strategie weiter auszubauen. Denn eines ist sicher – das Potential für Nutzerwachstum in DACH ist riesig und wir haben hier noch viel vor!

In den letzten Wochen und Monaten kamen etwa mit Sports Illustrated, Emotion oder Neue Zürcher Zeitung etliche neue Titel in ihr Portfolio. Warum waren Sie zurückhaltend bei der Kommunikation dieser für sie guten Nachrichten? Deutschland gehört ja zu ihren strategisch wichtigen Märkten, wie Sie immer betonen.

Von Bibra: Ja, Deutschland ist für uns absolut wichtig. Daher haben wir in letzter Zeit die Stärkung des Portfolios für unsere existierenden Nutzer priorisiert, die für 36% unseres Gesamtumsatzes verantwortlich sind. Wir freuen uns sehr über die neuen Titel und planen eine größere Kommunikationskampagne, weil sie sehr wichtige Ergänzungen in Kategorien darstellen, die unsere Nutzer favorisieren und die wir schon seit langem ausbauen wollten. Das Portfolio zu erweitern und zu verbessern, bleibt eine wichtige Aufgabe und Priorität.

Blender: Deutschland ist für uns in der Tat ein strategisch wichtiger Kernmarkt. Wir haben allein im Jahr 2021 25 neue Verlage und etwa 150 neue Publikationen in unser deutsches Portfolio aufgenommen, was wir gerne und regelmäßig an unsere Nutzerschaft kommunizieren.

Werden Sie nach der „Neuen Zürcher Zeitung“ künftig den Zeitungsbereich auch weiter ausbauen?

Blender: Zeitungen spielen in unserer inhaltlichen Ausrichtung bereits seit längerer Zeit eine wichtige Rolle. Seit 2019 haben wir in Deutschland Zeitungen an Bord. Auch in anderen Märkten zählen nationale wie auch regionale Zeitungen zu unserem Portfolio, das wir weiter verstärken werden. Speziell in der aktuellen Zeit ist für unsere Nutzer der Zugang zu verschiedenen Nachrichtenquellen eminent und durch Tageszeitungen sehen wir ein deutlich gesteigertes Leseverhalten.

Zuletzt kamen bei Ihnen die hohen Marketingausgaben in den Blickpunkt, die nicht immer gleichbedeutend mit dem Wachstum an zahlenden Nutzern gewesen sind. Wie wollen Sie künftig das Verhältnis in einen besseren Einklang bringen?

Von Bibra: Wir verfolgen drei essentielle Ziele: wir wollen unsere Produktkategorie etablieren, wir wollen unsere Marke aufbauen, und wir wollen Nutzerwachstum generieren. Unsere Marketingausgaben waren und sind immer ein Investment für diese drei Ziele, die eng miteinander verbunden sind. In den letzten Jahren waren unsere sehr ambitionierten Wachstumsziele die absolute Priorität. Jetzt geht es um Produktentwicklung. Wir werden verstärkt auf nachhaltiges und profitables Wachstum setzen. Das bedeutet, dass wir weiterhin an den drei Zielen arbeiten und organisches Wachstum, Partnerschaften und Kundenbindung noch stärker priorisieren.

Im letzten Jahr konnten Sie einen so wichtigen Kunden wie Axel Springer an Land ziehen. Nun können Ihre Kunden „Welt“ und „Bild“ früher lesen als die meisten Kioskkunden. Müsste auch das nicht stärker kommuniziert werden?

Von Bibra: Der Launch der Zeitungen mit Axel Springer war ein sehr wichtiger strategischer Schritt. Auch hier stand die Kundenbindung und Kommunikation an existierende Kunden an erster Stelle. Wir waren zu dem Zeitpunkt noch mitten in der Pandemie. Wir wussten, dass Zeitungen  eine noch wichtigere Rolle spielen würden und so war es auch. Jetzt, wo wir die Auswahl der Zeitungen sowohl in Deutschland als auch international ausbauen, wird das auch in unserer Marketingkommunikation eine neue Rolle einnehmen.

Blender: Unsere Analyse-Dashboards zeigen, dass Nutzer bereits ab 4 Uhr morgens die ersten Zeitungen lesen. Hier wird der Vorteil der digitalen Distribution sichtbar. Wenn ein Nutzer eine Publikation als Favoriten eingestellt hat, erhält er eine kurze Nachricht, sobald eine neue Ausgabe erscheint. Dieses Feature nutzen unsere User gerne, um keine Ausgabe zu verpassen.

Zeitschriften wie „TV14“ oder auch „TV Movie“ haben zusammengerechnet Millionen-Auflagen am Kiosk. Werden denn Programmies auch gerne über Ihre Plattform gelesen?

Blender: Wir verzeichnen auch für TV-Magazine eine recht hohe Nachfrage auf Readly. Neu hinzugekommen ist ein kleines Segment von Programmzeitschriften mit Inhalten zu Video-Streaming, die das klassische Angebot erweitern und von unseren digital-affinen Lesern sehr gerne gelesen werden.

So manches Mal wird Readly mit Spotify verglichen. Finden Sie den Zusammenhang eigentlich tragbar? Können Sie sich eine Zusammenarbeit mit Ihren schwedischen Nachbarn überhaupt vorstellen?

Von Bibra: Der Vergleich ist relevant, weil er es schafft, unser Produkt und die Produktkategorie in einem Satz zu erklären sowie die Relevanz und das große Potential der Digitalisierung einer Industrie aufzeigt, die absolut vergleichbar ist. Aber es gibt auch wichtige Unterschiede, wie zum Beispiel unser Vergütungsmodell an die Verlage. Auch die Ausgangslage und das Nutzerverhalten sind anders. Für eine Zusammenarbeit mit unseren schwedischen Nachbarn sind wir absolut offen, Musik und Lesen passt auf jeden Fall gut zusammen.

Blender: Die Nutzung von digitalen Plattformen ist aus der Sicht der User ein gelerntes Modell und bietet sowohl den Publishern als auch den Nutzern eine Reihe von Vorteilen. Betrachtet man die Mechanik der beiden Angebote, dann ist eine Vergleichbarkeit in jedem Fall gegeben.

Interview: dh

Fotos: Readly