Der Vater klopft sich auf die Brust,
Weil er hat’s ja schon immer g’wusst.
Die Mutter bet‘ den Rosenkranz:
„Herr, sei mit uns, mach ihn zur Nummer aans (1)“
Go, Karli Go.
Diese Zeilen stammen aus dem Song „Go Karli Go“ der österreichischen Band „Erste Allgemeine Verunsicherung“, kurz „EAV“. Prophetisch könnte man sagen, denn nun ist er tatsächlich die Nummer 1 der österreichischen Innenpolitik. Der Karli Nehammer. Österreichische Volkspartei. Bundeskanzler der Republik Österreich. Und er nimmt seinen Auftrag ernst. Go, Karli Go!
Mit der uns Österreichern eigenen naturgegebenen Bescheidenheit und aber auch einer gehörigen Portion Selbstlosigkeit machte sich der Karli nun also auf ins ferne Moskau zu fliegen, um dort dem GRÖLAZ (Größter Öllieferant aller Zeiten), die „Wadln viere zu richten“, wie man in der Alpenrepublik zu sagen pflegt. Also zu zeigen, wo „der Frosch die Locken hat“. Direkt, offen und hart.
Ob der Karli bei der Landung in Moskau ein kurzes „Erster“ durch die FFP2 Maske gehaucht hat, ist nicht überliefert. Wenn, dann aber bestimmt nur ganz leise – weil wegen der Bescheidenheit. Obwohl man da natürlich schon ein bissel stolz sein darf, der erste westliche Regierungschef seit Beginn des Ukrainekrieges beim obersten Russen gewesen zu sein. Was jetzt genau bei den Gesprächen „direkt, offen und hart“ war, bleibt natürlich hinter dicken Kremlmauern verborgen.
Aber vermutlich hat der Karli sich der in Österreich nicht ausrottbaren Legende besonnen, die besagt, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine Delegation von Politikern nach Moskau gereist sei, um bei reichlich Wodka, heimischem Weißwein und Zitherklängen die russische Seite unter den Tisch zu saufen und mit einem Staatsvertrag für die junge Republik Österreich wieder nach Hause zu fliegen.
Go, Karli Go! Kann man sich jetzt beim Karli und beim Putin eher nicht so vorstellen. Also das „unter den Tisch saufen“. Aber irgendwie müssen die beiden sich ja die Zeit vertrieben haben. Vielleicht hat der Karli ja gefragt, ob die Russen die Netrebko wieder zurückhaben wollen? Der hat man ja 2006 zusätzlich zur russischen auch die österreichische Staatsbürgerschaft – naja vielleicht nicht gerade aufgedrängt. Irgendetwas wird der Ex-„Bild“ Chef Kai Diekmann, der im Hintergrund die Fäden bei den Reisen nach Kiew und Moskau zog, dem Karli mittels seiner Storymachine schon geraten haben. Egal. Bleibt eh alles nur Spekulation. Aber man sieht, wir Österreicher helfen gern, auch wenn uns keiner fragt. Go, Karli Go!
Der gebürtige Österreicher Andreas Weinek war jahrelang in den obersten TV-Etagen zu Hause. Für Clap kommentiert er regelmäßig das Geschehen in der Kommunikationsbranche.
Foto: Alexander von Spreti