„Spiegel“-Chefredakteur Kurbjuweit: der Wutbürger und seine Konkurrenz

Eine solide Nachfolge für Steffen Klusmann vermeldete gestern die Spiegel Verlagsgruppe. Durch seine langjährige Tätigkeit beim „Spiegel“ hat wohl fast jeder schon mal den Namen Dirk Kurbjuweit (links im Bild) gehört oder gelesen. Er hat den perfekten Lebenslauf für den Job, schon 1990 startete er als Redakteur beim Nachrichtenmagazin. Auf jeden Fall bekommt „Der Spiegel“ mit dem bisherigen Hauptstadtkorri wieder einen gewieften Politikerklärer. Ein Metier, in dem sich der frühere „FTD“-Chefredakteur Steffen Klusmann nicht ganz so perfekt auskannte, wie Kurbjuweit.

Aber ist der gebürtige Wiesbadener auch der Richtige für den Job? Seine Auszeichnungen, etwa den bekannten Egon-Erwin-Kisch-Preis, hat er vor etlichen Jahren erhalten: 1998 und 2002. Das allein sagt noch nicht so viel aus, allerdings trat er in den vergangenen Jahren vor allem eher als Romanautor in Erscheinung. Zu nennen sind da folgende Werke:

  1. „Haarmann“ (2009): Dieses Buch basiert auf einer wahren Geschichte und handelt von dem berüchtigten Serienmörder Fritz Haarmann, der in den 1920er Jahren in Hannover aktiv war. Kurbjuweit beleuchtete in diesem Werk die psychologischen und sozialen Aspekte der Geschichte.
  2. „Kriegsbraut“ (2011): In diesem Roman steht die Geschichte einer Ehefrau im Mittelpunkt, deren Mann im Zweiten Weltkrieg kämpft. Das Buch thematisiert die Auswirkungen des Krieges auf das Leben der Menschen und die Konsequenzen, die eine solche Trennung mit sich bringt.
  3. „Angst“ (2014): Dieser Roman erzählt die Geschichte eines Mannes, der von seinem Nachbarn bedroht wird und sich mit den Ängsten und Unsicherheiten des modernen Lebens auseinandersetzt. Dieses Buch wurde zu einem Bestseller und erhielt positive Kritiken.
  4. Kurbjuweits letzter erschienener Roman „Der Ausflug“ (2022) handelt vom nicht gerade besonders innovativen Thema „Rechtsextremismus in Ostdeutschland“.

Neben seinen Romanen ist Kurbjuweit noch für etwas ganz anderes bekannt – er machte den Begriff „Wutbürger“ in einem Artikel populär. In „Die Wutbürger – Rechts, radikal und empört“ vom 16. August 2010 im „Spiegel“ beschäftigte sich Kurbjuweit mit der wachsenden Unzufriedenheit und dem Protest in Teilen der deutschen Bevölkerung. Seitdem ist der Ausdruck „Wutbürger“ zu einem festen Bestandteil des politischen Diskurses geworden und wird häufig verwendet, um auf Proteste und Demonstrationen von Menschen hinzuweisen, die ihre Unzufriedenheit und ihren Ärger über politische Entscheidungen zum Ausdruck bringen.

Kurbjuweit hat sich also als langjähriger Vollblutjournalist vielseitige Verdienste erworben. Mit seinen 62 Jahren ist er aber auch kein Newcomer mehr, also wohl kein Mann für die ganz langfristige Zukunft. Im Hintergrund lauert hier vielleicht schon Gregor Peter Schmitz (rechts oben im Bild). Der mittlerweile sehr bekannte „Stern“-Chefredakteur, kurz GPS in der Szene genannt, gilt als der Durchstarter in der Printbranche. Und ist erst 48 Jahre alt.

Markus Lanz-Freund Schmitz (darüber wird an anderer Stelle zu reden sein) machte in dieser Woche mit einem veritablen Wirtschaftskrimi als Titelgeschichte über Karl-Erivan Haub auf sich aufmerksam. Eine Story der jungen Reporterin Liv von Boetticher, die sicherlich auch gut dem „Spiegel“ zu Gesicht gestanden hätte. Stattdessen liefen dort zuletzt großformatig viele Springer-Mediengeschichten über Mathias Döpfner, Julian Reichelt, dann wieder Döpfner und zwischendrin Benjamin von Stuckrad-Barre. Es gibt jetzt vielleicht eine neue Konkurrenzsituation zwischen den beiden Titeln. Schöngeist Kurbjuweit wird sich sicherlich nicht mit den Medienstories zufrieden geben. (dh)

Das wird spannend – hier die beiden aktuellen Cover von „Spiegel“ und „Stern“.

Foto: Spiegel Gruppe, Augsburger Allgemeine