Weinek über Georgien: „Chancen, die in der EU nicht mehr möglich sind“

Über die Pläne von Andreas Weinek, etwas Größeres in Georgien anzuschieben, hatten wir ja bereits berichtet. Aufgrund des größeren Interesses über seine neue Unternehmung Get Moved Media haben wir ihm noch ein paar Fragen gestellt, in welche Richtung die neuen Aktivitäten genau gehen sollen. 

Als früherer Geschäftsführer des History Channels kennen Sie sich mit nationalen und internationalen Produktionen von Dokumentationen bestens aus. Aber warum haben Sie nun eine besondere Affinität in die asiatische Region, speziell nun Georgien? 

Weinek: Wer einmal in Georgien war, den lässt dieses Land nicht mehr los. Die Menschen, die Landschaft – Georgien verfügt über sechs verschiedene Klimazonen – die Kunst und die Kulinarik sind überwältigend. Darüber hinaus gilt Georgien als die Wiege des Weins. Aber unsere vor wenigen Wochen gegründete Firma GetMovedMedia ist nicht nur in Georgien sondern auch in Armenien und Usbekistan aktiv. Und zwar in ganz unterschiedlichen Bereichen, die aber alle mit Medien zu tun haben. 

Sie sind beruflich in den vergangenen Jahren schon in der Region unterwegs gewesen. Beispielsweise in Kirgistan. Hilft Ihnen dieser berufliche Ausflug jetzt bei Ihren neuen Vorhaben? 

Weinek: Ich bin meiner Geschäftspartnerin Xenia Nossowa, die diese Länder extrem gut kennt und dort seit über 20 Jahren unterschiedliche Projekte leitet und begleitet unendlich dankbar, dass sie mich erst nach Kirgisistan und danach in andere Osteuropäische und Zentralasiatische Länder „geschleppt“ hat. Erst dadurch habe ich die Möglichkeiten erkannt, die diese Länder zu bieten haben. Bereits wenige Wochen nach unserer Firmengründung darf sich GetMovedMedia über erste Aufträge freuen. Mit unseren Partnern Vorort sind wir für eine internationale Filmproduktion in Georgien aktiv, stellen Kontakte zu offiziellen Behörden her, machen Location Scouting und sprechen mit potentiellen Koproduktionspartnern in Tbilissi. In Armenien erweitern wir gerade unser Dienstleistungsangebot um KI-Start Ups. Wie es scheint, sind wir mit unserer Idee zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Orten.  Wir kriegen auch laufend Kooperations-Anfragen aus anderen Ländern wie etwa Estland oder Südafrika.

Gibt es weitere Kunden?

Weinek: Ja. Ein weiterer Kunde sind die Betreiber des international renommierten Golden Apricot Film Festivals in Armenien. Wir akquirieren Schauspieler, Regiseure und Produzenten für die Jury in der bereits Wim Wenders aktiv war. Darüber hinaus unterstützen wir ein, das Festival begleitendes Educational Program mit eigenen Workshops. Auch hier sprechen wir mit potentiellen Referent:innen und sind mit Filmhochschulen bezüglich einer aktiven Teilnahme im Gespräch. Sowohl unser Partner Carlos Hertel als auch ich sind als Lektoren an diversen Medienhochschulen aktiv. Unterstützt werden wir übrigens auch von der Anwaltskanzlei Morrison Foerster.

Haben Sie eigentlich Bedenken hinsichtlich Qualität, Sicherheit oder Unabhängigkeit in Georgien? Russland ist ja nicht so weit entfernt. Wie stabil schätzen Sie die Lage dort gerade ein? 

Weinek: Wir sind mittlerweile täglich mit unseren Partnern Vorort in Calls und reisen auch immer wieder hin. Was die Qualität angeht, kann ich jedem nur empfehlen, diese Länder zu bereisen. Gerade aus Georgien kommen internationale Chefs und Designer. Von der Musik ganz zu schweigen. Armenien ist beispielsweise im Bereich Computer, Design und Animation extrem weit. Und es gibt viele Top-Ausgebildete Expats, die in ihre Heimat zurückgekehrt sind und nun helfen die Länder im Filmproduktionsbereich – aber nicht nur dort – tatkräftig zu unterstützen um international zu präsentieren. Georgien verfügt über State of the Art Produktionsfacilities und Usbekistan beeilt sich gerade nachzuziehen. Was den Nachbarn Russland angeht, beobachten wir die Entwicklungen natürlich sehr genau, das heißt aber nicht, dass man jetzt in Schockstarre verfallen sollte und das tun die erwähnten Länder glücklicherweise nicht. Es geht unserer Meinung nach auch darum, ein Zeichen zu setzen und uns zu diesen Ländern jenseits etwaiger geopolitischer Spannungen zu bekennen. Besonders die kulturelle Zusammenarbeit kann in diesen Zeiten stabilisierend wirken.

Welche Vorteile gegenüber anderen Produktionsstandorten bietet Georgien eigentlich für internationale Filmproduktionen? 

Weinek: Ein ganz wesentlicher Vorteil neben der hohen Qualität, der gut entwickelten Infrastruktur, der business-freundlichen Atmosphäre und der spektakulären Natur sind die vergleichsweise niedrigen Kostenstrukturen und Cashback-Systeme. Nicht nur in Georgien. Oder, um es noch einmal anders auszudrücken, dort bieten sich für internationale Produktionsfirmen Arbeitsmöglichkeiten und Chancen, die innerhalb der EU so nicht mehr möglich sind. Und was Georgien angeht hilft die Annäherung an Europa natürlich sehr. Die jeweiligen Regierungen sind sehr kooperativ, wenn es darum geht, internationale Produktionen ins Land zu holen.   

Wie sieht die Infrastruktur für Filmproduktionen in Georgien aus? Wo sehen Sie Verbesserungsbedarf? Inwiefern ist die vielfältige georgische Landschaft hilfreich? 

Weinek: In Georgien arbeiten wir beispielsweise mit der Media Consulting Group oder der SE Film Production und dem in Kanada geborenen Fotografen und Filmemacher Nika Kachibaia zusammen, die allesamt über große internationale Erfahrung verfügen. Die Standards sind, wie bereits erwähnt vor allem in Georgien sehr hoch, aber auch Armenien ist, vor allem was CGI und Postproduction angeht auf einem sehr hohen Level. Unsere Partnerin Seda Grigoryan in Armenien kümmert sich unter anderem um den Bereich Animation.

Interview: dh

Foto: Alex von Spreti