Mit größerem Abstand sind GMX.de und Web.de die größten Mail-Anbieter in Deutschland. Auf den Plätzen folgen Gmail, T-Online und Outlook. Doch es gibt schon seit langem eine ernstzunehmende Alternative aus Deutschland, die nun nach einer längeren Relaunch-Phase mit neuem Look und verbesserten Technologien durchstarten will: Mail.de. Das Unternehmen gehört zu keinem größeren Firmenkonglomerat, sondern entstand vor allem aus der Initiative des Firmengründers Fabian Bock. Dieser gibt selten Interviews, Clap konnte ihn aber ausführlicher zu seinen künftigen Plänen befragen.
Herr Bock, Ihre etwas veraltete Optik ist nach dem Relaunch der Benutzeroberfläche vor einiger Zeit Geschichte. Insgesamt war der Relaunch aber wohl ein längerer Prozess bei Ihnen. Ist denn Ihre Relaunch-Phase jetzt abgeschlossen?
Bock: Ja, unser Relaunch-Prozess ist weitgehend abgeschlossen, und wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Die Modernisierung der Benutzeroberfläche war in der Tat ein umfangreicher und sorgfältiger Prozess, da wir nicht nur die Optik, sondern auch die Benutzerfreundlichkeit und die Performance unserer Dienste optimieren wollten. Dennoch bleibt die Weiterentwicklung nie stehen. Wir arbeiten kontinuierlich an Verbesserungen, basierend auf dem Feedback unserer Nutzer und neuen technologischen Möglichkeiten, um auch in Zukunft ein erstklassiges Nutzererlebnis zu bieten.
Es gibt so viele Mail-Dienstleister. Viele bieten umfangreiche Funktionen schon in der Free-Version an, die bei Ihnen kostenpflichtig sind, siehe Google Mail. Mit welchen Dienstleistungen wollen Sie sich künftig am umkämpften Markt behaupten?
Bock: Es stimmt, der Markt ist hart umkämpft, und viele Anbieter setzen auf kostenlose Angebote, die allerdings durch Datenmonetarisierung finanziert werden. Bei mail.de legen wir jedoch besonderen Wert auf Datenschutz und Sicherheit, auch in unserem kostenlosen Paket. Während bei vielen amerikanischen Anbietern der Datenschutz oft nicht im Fokus steht und das Tracking geräteübergreifend erfolgt – teils sogar mit dem Mitlesen von E-Mails – gehen wir einen anderen Weg: Wir verzichten auf Analyseprogramme und beschränken das Tracking auf das absolute Minimum. Auch hier bieten wir unseren Kunden die bestmögliche Sicherheit. Aber natürlich zeigen wir Werbung zur Refinanzierung unseres FreeMail-Pakets an, die leider nicht vollständig ohne Tracking funktionieren kann. Daher runden wir mit unseren Premium-Paketen unser Angebot mit zusätzlichen Funktionen und absoluter Privatsphäre ab.
Was wollen Sie besser machen?
Bock: Wir müssen uns mit unserem Produktportfolio nicht vor den großen Anbietern verstecken. In vielen Vergleichstests haben sowohl unser FreeMail- als auch unsere Premium-Pakete als Testsieger abgeschnitten und konnten die Mitbewerber hinter sich lassen. Zukünftig werden wir weiter in den Bereich Sicherheit investieren und Funktionen rund um Verschlüsselung und Datenschutz ausbauen – Themen, die für viele Menschen immer wichtiger werden. Zusätzlich möchten wir es unseren Kunden ermöglichen, unseren E-Mail-Dienst auch über eigene Domains in Anspruch nehmen zu können.
Nachhaltige Standortwahl, Ökostrom, Umweltberichte. Sie legen besonderen Wert auf den Umweltschutz. Was schätzen Sie: Wie viele Menschen haben sich deswegen bei Ihnen angemeldet? Das Bewusstsein für das Thema Umweltschutz ist in der jüngeren Vergangenheit ja eher zurückgegangen.
Bock: Nachhaltigkeit ist für uns ein wichtiges Thema, insbesondere wenn es um den Betrieb unserer Rechenzentren und Infrastruktur geht. Wir setzen auf Ökostrom und betreiben unsere Systeme energieeffizient. Dennoch ist unser Hauptfokus klar der Bereich Sicherheit und Datenschutz. Der Umweltschutz ist für einige unserer Kunden sicherlich ein zusätzlicher Anreiz, aber ich denke, dass die überwiegende Mehrheit uns vor allem aufgrund unserer Sicherheitsstandards und der Verlässlichkeit unseres Dienstes wählt. Das Umweltbewusstsein in der Gesellschaft mag schwanken, aber wir sehen es als Teil unserer Verantwortung, unseren Beitrag zu leisten.
Ist es eigentlich für manche Ihrer Kunden wichtig, dass Sie ein deutscher Mail-Dienstleister sind?
Bock: Absolut. Viele unserer Kunden legen großen Wert darauf, dass mail.de ein in Deutschland ansässiger Anbieter ist, insbesondere in Bezug auf den Datenschutz. Die strengen europäischen und insbesondere die deutschen Datenschutzgesetze – wie die DSGVO – bieten ein hohes Maß an Schutz, das internationale Anbieter oft nicht gewährleisten können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir unser Rechenzentrum in Hamburg betreiben und keine Daten unserer Kunden auf externen Clouddiensten gespeichert werden. Stattdessen nutzen wir ausschließlich unsere eigene Hardware, was maximale Kontrolle und Sicherheit garantiert. Zudem haben wir unsere Software komplett selbst entwickelt, um absolut unabhängig von externen Dienstleistern zu sein. Für Nutzer, die sensible Informationen über E-Mail austauschen, ist dies ein wesentliches Vertrauensmerkmal, da ihre Daten ausschließlich in Deutschland verarbeitet und gespeichert werden, wo die Datenschutzstandards besonders hoch sind. Als erstes Unternehmen in Deutschland haben wir das IT-Sicherheitskennzeichen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erhalten.
Welches Unternehmen steckt eigentlich hinter Mail.de?
Bock: Mail.de ist ein unabhängiges Unternehmen mit einem engagierten Team von rund 15 Mitarbeitern, darunter 10 Festangestellte und 5 Freiberufler bzw. Teilzeitkräfte. Gegründet wurde das Unternehmen von mir persönlich, ohne Fremdkapital oder Beteiligung von Investoren, um maximal unabhängig agieren zu können. Wir sind stolz darauf, seit vielen Jahren unseren Kunden einen sicheren und zuverlässigen E-Mail-Dienst anbieten zu können. Unser Team besteht aus Experten in den Bereichen IT, Datenschutz und Kundenservice.
Was können oder wollen Sie noch rund um den Service aufbauen?
Bock: In Zukunft wollen wir unser Angebot weiter ausbauen und noch mehr sicherheitsrelevante Funktionen anbieten, um den steigenden Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden. Darüber hinaus wollen wir interessante Angebote im B2B-Bereich positionieren, um Unternehmen maßgeschneiderte und sichere E-Mail-Lösungen anzubieten. Ein besonderes Ziel dabei ist es, den Einsatz eigener Domains mit unseren Diensten und somit white-gelabelte Unternehmenskommunikation zu ermöglichen.
Herr Bock, Sie haben viel Erfahrung und begannen Ihre Karriere schon in den 90er Jahren bei Talkline. Seit 2007 sind Sie selbstständiger Internetunternehmer. Was denken Sie denn grundsätzlich über die Entwicklung in der IT-Branche? Warum haben Sie beispielsweise noch keine KI-Funktionen bei mail.de?
Bock: Die IT-Branche hat sich in den letzten Jahrzehnten enorm verändert. Als ich in den 90er Jahren begann, war das Internet noch in den Kinderschuhen. Heute sind wir von Technologie durchdrungen, und die Digitalisierung ist allgegenwärtig. Die Entwicklung von KI ist eine der spannendsten und gleichzeitig herausforderndsten Technologien unserer Zeit. Bei mail.de sind wir jedoch vorsichtig mit der Integration solcher Technologien, insbesondere weil wir unsere hohen Datenschutzstandards beibehalten möchten. Viele KI-Systeme erfordern Zugriff auf große Datenmengen sowie eine externe Anbindung an Rechenzentren, die nicht in unserem Einflussbereich liegen, welches potenziell im Widerspruch zu unserem Datenschutzversprechen steht. Wir beobachten diese Entwicklung genau und prüfen kontinuierlich, wie wir KI auf eine Weise einsetzen können, die sowohl unseren Kunden als auch unseren Datenschutzrichtlinien gerecht wird.
Inerview: dh
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