Die Nachfrage nach E-Bikes und Elektroautos ist im Keller. Wie konnte das passieren? Wir wollten doch zum E-Mobilitäts-Vorbild für die ganze Welt werden. Ich meine natürlich die Welt ohne China, denn die elektrifizieren per Dekret. Ich redete mir ein, dass die Deutschen zwar jeder Entwicklung hinterherhinken – wenn sie aber etwas endlich doch verinnerlichen, werden sie darin in Windeseile zum Weltmeister. Darauf war immer Verlass.
Plötzlich schwächeln wir. Das geht so nicht. Dann müssen Marketing-, Medien- und Werbeleute zum Vorbild werden. Die Welt will gerettet werden und irgendwer muss es ja machen. Nehmen wir einmal JobRad. Eine gar nicht mehr so kleine, dafür immer noch sehr feine Firma in Freiburg, die das Dienstrad-Leasing erfunden hat. Dazu musste man Politikern erst jahrelang auf die Nerven gehen, bis man Dienstrad heute genauso selbstverständlich wie Dienstwagen fährt. Nun führt JobRad den Markt souverän an.
1,5 Millionen Räder haben sie schon auf die Straße gebracht. Tendenz weiterhin steigend. Geht doch. Es sprechen allerdings auch arg viele Gründe für den Umstieg aufs JobRad. Es ist total gesund, man sieht was von der schönen Gegend, in der man zuhause ist und arbeitet. Und nachhaltig ist es obendrein: Ich habe mir sagen lassen, dass jeder, der von ÖPNV und PKW aufs Fahrrad umsteigt, 170 kg CO2 im Jahr einspart. Das ist eine Ansage.
Da ich selbst nicht zwischen Homeoffice und Arbeit pendele und wenn, dann längere Strecken zurücklege, habe ich mich für ein Elektroauto entschieden. Aber nicht für irgendeins. Es sollte ja etwas Hübsches sein, was man von den meisten E-Modellen nicht behaupten kann. Ich entschied mich für einen limonengelben ID. BUZZ, den lang erwarteten Nachfolger des legendären VW-Bulli.
Der BUZZ hat nur Vorteile. Er ist zu lang und zu breit für die meisten Parkplätze, viel zu hoch für die Mehrzahl der Parkhäuser und hat eine Reichweite von höchstens 380 km. Aber nur, wenn man nicht mehr als 120 km/h fährt. Beim zaghaftesten Tritt aufs Gaspedal meldet sich eine weibliche Stimme, die darüber informiert, dass das Ziel so beim besten Willen nicht erreicht werden kann und man sich soeben für einen weiteren Ladestopp qualifiziert hat.
Gelassenes thronen
Das hat Konsequenzen. Man fährt gelassener – und irgendwie fühlt sich das gut an, da man hinterm Lenkrad thront wie in einem Reisebus. Man hört auf, wie ein wildgewordener Roadrunner („Beep, beep“) so schnell wie menschenmöglich von A nach B zu rasen und die Gesetze der Physik wie auch deutsche Verkehrsregeln außer Kraft setzen zu wollen. Die nervigen Angeber kennt jeder: „Gestern weniger als 2 Stunden nach Frankfurt gebraucht.“ Schluss damit.
Was ich auch nicht nachvollziehen kann, ist wenn Autobauer ihre E-Autos im Fernsehen anpreisen. So auch der ID. BUZZ. Jeder weiß, dass TV das Medium mit den zweithöchsten CO2-Emissionen ist. Werbung für E-Autos dürfte es nur auf DOOH-Screens geben, die den mit Abstand geringsten CO2-Fußabdruck verursachen. Dort ließe sich sogar an Raststätten werben, wo Werbung wohl kaum näher an die dortigen Ladesäulen herankommen kann. Mann, Mann, Mann, diesen MediaplanerInnen muss man aber auch alles erklären.
Text: Thomas Koch
Foto: Privat