Er bekommt seine Chance… (Die ProSieben7Sat.1-Personalanalyse)

Es ist der bemerkenswerteste Aufstieg beim gestrigen ProSiebenSat.1-Personalgewitter – Marc Rasmus wird neuer Sat.1-Chef und übernimmt von Daniel Rosemann. Genau sechs Jahre und sechs Monate war Rasmus Senderchef von Kabel1. In dem schnelllebigen TV-Geschäft war er der Inbegriff von Beständigkeit. Er war immer da, wenn es irgendwo brannte. Jetzt bekommt er also seine Chance im Rahmen einer größeren personellen Neuordnung.

Die entscheidende Frage ist: Hat ProSieben-Vorstand Bert Habets mit Rasmus den Richtigen gefunden, um Sat.1 wieder flott zu kriegen? Vorgänger Rosemann, den Clap vor ein paar Monaten noch als Titelgeschichte hatte, agierte bisweilen unglücklich (Volles Haus„). Wird jetzt alles besser? Zumindest war der erfahrene Rasmus Geburtshelfer für erfolgreiche TV-Formate wie „Big Brother“, „Frauentausch“ und „The Biggest Loser“. Einen größeren Erfolg landete er mit seinem Kabel1-Format „Trucker Babes“. Nun steht die Frage im Raum, ob Rasmus Sat.1 tatsächlich ein wenig neu erfinden kann.

Zu Clap sagte er im Rahmen unseres Titel-Portraits, er plane er seine Karriere nicht: „Ich lebe nach der Fußballer-Weisheit: ,Man muss von Tach zu Tach denken‘.“ Vielleicht auch deshalb hat Rasmus in seinem Leben viele Stationen und Momente notiert, in denen er sich selbst sagte: „Oh, das ist toll, gerade. So kann’s bleiben, möge doch die Zeit stehen bleiben.“ Werden für ihn die Zeiten jetzt noch besser? Zumindest hat er eine gewisse Lockerheit, mit der er seine Ups und Downs übersteht. „Ich mag es gerne harmonisch, friedlich“, sagte er am Ende unseres damaligen Clap-Gesprächs.

Gegenüber Rasmus ist der neue ProSieben-Chef Hannes Hiller fast ein unbeschriebenes Blatt. In den Blickpunkt der Kommunikationsbranche geriet Hiller erstmals, als er mit seinem Team vor einiger Zeit als Senior Vice President Development & Content Strategy Entertainment die Programm-Entwicklung für ProSieben und Sat.1 übernahm. In dieser Funktion war er für Produzenten der erste Ansprechpartner für alle neuen Entertainment-Programmideen in der Prime Time. Bislang agierte er zurückhaltend.

Und was ist nun mit Joyn? Schon im Juni diesen Jahres sagte Vorstand Habets, er wolle den Hoffnungsträger ausbauen und zur „Super-Plattform“ umbauen. Nun sind schon wieder einige Monate vergangen, die Super-Plattform lässt noch auf sich warten. Vielleicht aber steht das gestern bekannt gegebene neue Team mit Katharina Frömsdorf (ganz links), Nicole Agudo Berbel und Benjamin Risom schon länger bereit, um der Streaming-Plattform einen neuen Spin zu gehen. Jetzt kann es also richtig losgehen. Aber Handlungsdruck ist da, Habets hat auch nicht unendlich  viel Zeit, um seinen Worten Taten folgen zu lassen.

Nicht zu vergessen bei der neuen personellen Lage ist übrigens Carsten Schwecke. Der ehemalige Springer-Manager startete letzten Montag bei den Unterföhringern als Vorsitzender der Geschäftsführung bei Seven.One Media. Der neue Vermarktungschef wird in einer Übergangsphase alle Themen von seinem Vorgänger Thomas Wagner bekommen, bevor Wagner dann das Unternehmen verlassen wird.

Das neue ProSiebenSat.1-Führungteam steht also, personell gesehen herrscht jetzt Klarheit. In der näheren Zukunft wird es darauf ankommen, wieder Erfolge kommunizieren zu können.

Fotos: Alexander von Spreti, ProSiebenSat.1