The Hoff: Mit der „Auszeit“ aus der Zeit gefallen?

Vor etwa einem dreiviertel Jahr habe ich hier auf Clap über meine veränderte berufliche Situation berichtet (“Auszeit zur Unzeit”). Dieser Beitrag in meiner Kolumne “The Hoff” ist auf große Resonanz gestoßen und hat allein auf meiner LinkedIn-Seite bis heute über 50.000 Aufrufe verzeichnet. Unglaublich. Zeit für ein Update.

Die Resonanz war also groß. Meine Zeilen wurden sogar als „inspirierend“ bezeichnet. Einige fanden meinen Schritt mutig, wieder andere konnten nichts Mutiges daran finden, da ich ja „sanft gefallen“ sei. Nur soviel: Gefallen bin ich nicht. Im Gegenteil – ich bin würdevoll gegangen. Es gehörte aber trotzdem Mut dazu, sich wirklich auf die neue Situation einzulassen. Loszulassen.

Heute kann ich sagen: Es war der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt. Denn es ging nicht mehr nur um meinen ehemaligen Konzern oder das Unternehmen, das ich leitete – es ging vor allem um mich. Vieles passte nicht mehr. Vieles hatte sich abgenutzt und verbraucht, aber vor allem war ich des Stillstands überdrüssig und hatte einfach genug von einer gehörigen Portion „deep fake“.

Die Trennung war richtig. Für beide Seiten. Aber erst heute weiß ich, wie notwendig sie für mich war. Jetzt läuft alles wieder auf den einfachen Nenner ‘Selbstbestimmung’ hinaus. Heute bestimme ich wieder selbst, wie ich mein (Berufs-)Leben gestalte, welche Projekte und Menschen dabei eine Rolle spielen. Ein Luxus, der seinen Preis hat.

Natürlich hat sich die bunte Unterhaltungswelt des Fernsehens einfach weitergedreht. Und kein Unternehmen hat darauf gewartet, dass Stefan Hoff wieder auf den Markt kommt. Aber seit gut zwei Monaten kann ich mich wieder frei mit und in der Branche bewegen, frei von Wettbewerbsverboten.

Von einer Festanstellung, einem sicheren finanziellen Hafen, bin ich weit entfernt. Aber ich sehe Land und erkunde die vielen Inseln da draußen. Bekanntes Terrain, wie die Film- und Fernsehbranche, der ich durch meine Funktion als Verbandspräsident des VTFF nie wirklich fern war. Aber es gibt auch unbekanntes Terrain zu entdecken.

Ich bin viel unterwegs und lange Zeit sollte es wie ein endloser Urlaub wirken. In Wirklichkeit habe ich die Zeit genutzt und viele interessante Menschen neu oder wieder kennen gelernt. Es ist der offene Blick gepaart mit der verfügbaren Zeit, der verloren gegangen war und nun wiedergefunden wurde.

Und es ist die Erkenntnis, dass es eigentlich immer die Menschen sind, die den Unterschied machen. Überall auf der Welt. Aber wie kann man sich an den “richtigen” Menschen orientieren, wenn Zeitmangel, wirtschaftliche Zwänge und die Interessen Dritter einem keine Wahl lassen? Heute kann ich als Mensch wieder selbst den Unterschied machen. Man hat es wieder mit mir zu tun und nicht mit mir in einer Rolle, die ich ausfüllen darf.

Was ich branchenübergreifend feststelle ist, dass die Bereitschaft zur Begegnung ein großes Stück verloren gegangen zu sein scheint. Und dort, um bei meinem Beispiel zu bleiben, wo ich Menschen wirklich einmal oder mehrmals ‘getroffen’ habe, dort ist der Kontakt ungebrochen erhalten geblieben. Dort, wo die gemeinsame Begegnung nur oberflächlich war, ist der Kontakt weiter abgeflacht. Das alles ist keine neue Erkenntnis, mag man meinen, aber es fühlt sich tatsächlich so an. Es ist schon krass, wenn jemand oder etwas plötzlich gar keine Rolle mehr spielt. Und natürlich gilt das auch umgekehrt: Erstaunlich, für wen oder was ich plötzlich keine Rolle mehr spiele.

Also „Auszeit“ oder „aus der Zeit gefallen“?

Foto: syh®